Kein Vertrauen mehr in den «Wunderwuzzi» aus Österreich
Das Benko-Imperium steht vor dem unkontrollierten Zusammenbruch

René Benko hat aus dem Nichts ein Immobilien-Imperium aufgebaut. Namhafte Investoren aus der Schweiz liessen sich blenden. Die Schweizer Globus-Kette könnte mit einem blauen Auge davonkommen.
Publiziert: 05.11.2023 um 01:16 Uhr
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Nathalie und René Benko an einem Skirennen in Kitzbühel.
Foto: Getty Images
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Ist er weg oder nicht? Hat der österreichische Immobilienfinancier René Benko wirklich die Macht abgegeben? Sein Rückzug sei noch nicht durch, sagt ein Vertrauter zu SonntagsBlick. In ein paar Tagen soll es so weit sein. Bis dahin bleibt es also unklar, undurchsichtig und verworren – so wie die Geschäfte der Signa Holding von René Benko, dem «Wunderwuzzi» aus Salzburg (A). 

Der Selfmademan hat innerhalb weniger Jahre aus dem Nichts ein 28-Milliarden-Euro-Imperium aufgebaut, zu dem auch die Schweizer Globus-Warenhäuser oder der berühmte Chrysler-Wolkenkratzer in New York (USA) gehören. 

Doch bei seinen Co-Investoren hat Benko das Vertrauen verloren. Diese Woche eskalierte die Situation mit einem Brief. Darin fordern sie den Immobilienmogul ultimativ auf, sich aus dem Konzern zurückzuziehen. Zwar ist Benko längst nicht mehr operativ im Konzern tätig, doch mit einem Anteil von rund 50 Prozent hält er die Zügel weiter fest in der Hand. Die verärgerten Investoren fordern die Einsetzung eines Sanierers, der Benkos Anteile treuhänderisch übernimmt. Er soll retten, was zu retten ist. Ob es ihm gelingt, das Konglomerat vor dem Untergang zu bewahren, ist fraglich. 

Notverhandlungen mit den Saudis

Die Lage hat sich schon vor Monaten zugespitzt, aber jetzt geht es ums Ganze. René Benko ist es nicht mehr gelungen, neue Investoren an Bord zu holen. Nun fehlt dem Konzern die nötige Liquidität, um die Löcher zu stopfen, die durch den Wegfall von Krediten entstanden sind. Konkret geht es um einen geplatzten Kredit bei Signa Prime Selection über 400 bis 500 Millionen Euro. Benko soll derzeit mit dem saudischen Staatsfonds über eine Finanzspritze verhandeln. 

Das Überleben des Konzerns hänge «an einem seidenen Faden, so dünn wie ein Haar», sagt ein Insider. Es könne nur noch wenige Tage dauern, bis es vorbei sei. 

Die Krise hat auch die europäischen Regulierer aufgeschreckt. Sie spielen Szenarien durch, wie sich eine Pleite der Signa-Gruppe auf den Banken- und Immobiliensektor auswirken könnte. Da die kreditgebenden Banken durch Pfandbriefe abgesichert sind, dürfte sich der finanzielle Schaden für sie in Grenzen halten. Allerdings könnten Notverkäufe die Preise für Gewerbeimmobilien ins Rutschen bringen. 

Ein Meister der Verschleierung

Benko ist ein Meister der Verschleierung. Er versteht es, seine Geschäfte in isolierte Einheiten, sogenannte Silos, aufzuteilen. So hat niemand ausser ihm selbst einen Überblick über die finanzielle Situation des Konzerns. Es fehlt eine konsolidierte Sicht auf die verschiedenen Engagements, auf den Wert der Immobilien und wie stark sie belehnt sind. In Märkten wie Deutschland und Österreich, wo die Preise für Gewerbeimmobilien seit Monaten stark fallen und gleichzeitig die Zinsen steigen, ist eine solche Struktur brandgefährlich. 

Warum haben Investoren wie sie nicht genauer hingeschaut und hartnäckig nachgefragt? Zu Benkos wichtigsten Geldgebern gehören Schokoladekönig Ernst Tanner von Lindt & Sprüngli, Arthur Eugster vom Kaffeemaschinenhersteller Eugster Frismag, Klaus-Michael Kühne vom gleichnamigen Logistikkonzern oder die brasilianisch-schweizerische Unternehmerfamilie Koranyi-Arduini. Aber auch deutsche und österreichische Investoren haben Benko Millionen anvertraut, etwa der bekannte Unternehmensberater Roland Berger oder Fressnapf-Gründer Torsten Toeller und der österreichische Baulöwe Hans Peter Haselsteiner (Strabag). 

Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, einem Gaukler aufgesessen zu sein. Den Investoren sei es inzwischen peinlich, sagt ein Insider, der mit einigen in Kontakt steht. Bei einem Konkurs drohen ihnen Verluste von mehreren Hundert Millionen Franken. Wenigstens bezahlen sie ihre Naivität mit ihrem eigenen Geld. Anders sieht es bei institutionellen Anlegern aus, die fremdes Geld investiert haben. Dazu gehören der staatliche Pensionsfonds Südkoreas oder die beiden deutschen Versicherungskonzerne LVM und R+V. 

Zu den grössten Kreditgebern sollen die beiden österreichischen Raiffeisenbanken und die UniCredit Bank Austria gehören. Laut Medienberichten sollen sie Kredite von über zwei Milliarden Euro für einzelne Immobilienprojekte vergeben haben. Insider gehen davon aus, dass Schweizer Banken keine grossen Engagements direkt bei Benko eingegangen sind.

Thailänder könnten bei Globus aufstocken

Allerdings sind Schweizer Kantonalbanken mit einem Syndikatskredit an der Finanzierung von Um- und Neubauten von Globus-Warenhäusern in der Schweiz beteiligt. Was passiert, wenn der Konzern in Konkurs geht? Vorerst wohl nicht viel. Die Bauarbeiten sind voll finanziert. Das operative Geschäft der Warenhäuser ist schuldenfrei. 

Zudem gehören die Warenhäuser zur Hälfte der thailändischen Central Group. Diese könnte im Falle einer Liquidation die Anteile der Signa-Gruppe übernehmen, wie sie es bereits beim Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe getan hat. Die Globus-Warenhäuser in der Schweiz bilden zusammen mit dem KaDeWe, der italienischen Rinascente-Gruppe und den britischen Selfridges-Häusern das Luxus-Warenhaus-Portfolio des Konzerns. 

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