Aufregung über Grundstückgewinnsteuer
Immobilien-Boom beschert dem Staat 2,5 Mia. Franken

Gemeinden und Kantone verdienen Jahr für Jahr mehr an Liegenschaftsverkäufen. Jetzt fordern die Hauseigentümer einen Marschhalt.
Publiziert: 31.10.2021 um 10:17 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2021 um 10:49 Uhr
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Die stark steigenden Immobilienpreise haben dazu geführt, dass Kantone und Gemeinden an der Grundstückgewinnsteuer immer mehr verdienen.
Foto: Thomas Meier
Thomas Schlittler

Wer in den vergangenen 20 Jahren eine Liegenschaft erworben hat, kann sich glücklich schätzen. Die Immobilienpreise in der Schweiz kannten seitdem nur eine Richtung: hoch, höher, halleluja! Das Eigenheim kostet heute doppelt so viel wie zur Jahrtausendwende.

Auch Vater Staat darf sich freuen. Wenn Grundstücke mit Gewinn veräussert werden, profitieren Gemeinden und Kantone immer mit – je höher die Verkaufspreise, desto höher die Abgaben.

Eine SonntagsBlick-Umfrage bei sämtlichen Kantonen zeigt: Vor zehn Jahren beliefen sich diese Einnahmen schweizweit auf rund 1,6 Milliarden Franken, 2020 waren es bereits 2,5 Milliarden – das bedeutet eine Steigerung um mehr als 50 Prozent!

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Doppelt so hohe Einnahmen

In einzelnen Kantonen ist die Entwicklung noch extremer. In St. Gallen zum Beispiel haben sich die Erträge durch die Grundstückgewinnsteuer seit 2011 gar verdoppelt, von 106 auf 211 Millionen Franken. Marc Mächler (51), Vorsteher des St. Galler Finanzdepartements: «Wir haben in den letzten fünf Jahren einerseits eine Erhöhung bei der Anzahl Handänderungen, andererseits eine deutliche Erhöhung der Verkaufspreise festgestellt.»

Per 2021 hat der Ostschweizer Kanton sein Grundstückgewinnsteuerrecht leicht angepasst, was zu einer Entlastung für die Steuerpflichtigen führen soll. Unter dem Strich rechnet St. Gallen für das kommende Jahr trotzdem mit einem Zuwachs von zehn Prozent, ab 2023 dann mit gleich bleibenden Einnahmen auf hohem Niveau. Finanzchef Mächler: «Aufgrund des nach wie vor tiefen Zinsniveaus gehen wir auch längerfristig von keinem markanten Rückgang bei den Grundstückgewinnsteuern aus.»

Beim Hauseigentümerverband Schweiz hört man solche Aussagen nicht gerne. Direktor Markus Meier (60) sagt gegenüber SonntagsBlick: «Die Höhe der Einnahmen durch die Grundstückgewinnsteuer ist mehr als beachtlich. Und es ist stossend, dass die Einnahmen jedes Jahr steigen, nur weil die Immobilienpreise steigen.»

Normale Eigenheimbesitzer werden geschröpft

Meier weist darauf hin, dass die Grundstückgewinnsteuer ursprünglich eingeführt wurde, um die Spekulation mit Immobilien zu unterbinden oder wenigstens unattraktiv zu machen. «Es ist fraglich, ob die Steuer diesen Zweck heute noch erfüllt. In erster Linie werden mit der Steuer normale Eigenheimbesitzer geschröpft, die ihr Haus nach vielen Jahren verkaufen wollen.»

Der Hauseigentümerverband glaubt deshalb, dass die Berechnung der Grundstückgewinnsteuer überdacht werden muss. «Wenn die Einnahmen jedes Jahr steigen, sind die Steuersätze offensichtlich zu hoch», so Meier.

Die meisten Kantone und Gemeinden dürften diese Einschätzung nicht teilen – sie haben sich an die lukrative Ertragsquelle gewöhnt. Auch aufseiten der Linken wird die Idee des Hauseigentümerverbands wenig Anklang finden. Schliesslich leistet die Steuer einen Beitrag zum sozialen Ausgleich.

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