Die SBB haben in den vergangenen Wochen alles daran gesetzt, den Reiseverkehr durch den Gotthard-Basistunnel raschmöglichst wieder aufzunehmen. Nun ist ein erster Schritt möglich, wie das Unternehmen in einer Mitteilung verkündet: Ab Freitag fahren wieder einzelne Personenverkehrszüge durch den Gotthard-Basistunnel: je ein Zug Richtung Süden am Freitag und ein Zug Richtung Norden am Sonntag. Während den nächsten drei Herbst-Spitzenwochenenden kommen zusätzlich zwei weitere Verbindungen am Samstag Richtung Süden und eine am Sonntag Richtung Norden hinzu. Dies erhöht die Sitzplatzkapazität, der Fahrzeitgewinn beträgt 15 bis 30 Minuten. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat die Zulassung für die Wiederaufnahme des Personenverkehrs durch den Gotthard-Basistunnel erteilt.
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Am Freitag um 17.33 Uhr fährt der erste Reisezug ab Zürich Richtung Süden wieder durch den Gotthard-Basistunnel. Es ist der erste Schritt für die Wiederaufnahme des Personenverkehrs durch den Gotthard-Basistunnel nach der Entgleisung eines Güterzugs am 10. August 2023.
Riss in Radscheibe wurde nicht entdeckt
Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) bestätigte in einem am Donnerstag veröffentlichten Zwischenbericht, dass ein Radbruch zur schweren Entgleisung führte. Darüber berichtete zunächst der «Tagesanzeiger». Rund zehn Kilometer nach Einfahrt in das Südportal soll ein Fragment der Radscheibe der in Fahrrichtung ersten Achse des elften Wagens weggebrochen sein. Einen Moment später lösten sich weitere Radfragmente. Das Rad habe aufgrund von Ermüdung versagt.
Kurz vor der Multifunktionsstelle Faido sei ein letztes Radfragment weggebrochen, heisst es in dem Sust-Bericht. Infolgedessen wurden die Weichen zerstört und sechzehn weitere Güterwagen entgleisten und kippten zum Teil im Tunnel um. Nach dem Vorfall ist eine der zwei Röhren noch bis mindestens Anfang nächstes Jahr nicht befahrbar.
Die gefundenen Radstücke konnten laut Sust einem Wagen des Unternehmens Transwaggon AB zugeordnet werden. Dieses ist eine schwedische Tochterfirma des Zuger Unternehmens Transwaggon. Die Sust führt weiterhin an, dass ein Riss in einer Radscheibe durch die heute in der Schweiz vorhandenen Zugkontrolleinrichtungen nicht bemerkt werden könne.
Vorerst führt die SBB am Wochenende einzelne Reisezüge wieder durch den Gotthard-Basistunnel. Dann ist die Nachfrage der Reisenden auf der Gotthardachse am höchsten und gleichzeitig sind weniger Güterzüge unterwegs, sodass sich für den Güterverkehr keine Kapazitätsreduktionen ergeben. Ausserdem finden dann keine Reparaturarbeiten in der Weströhre statt. Diese erfolgen unter der Woche im Mehrschichtbetrieb. Während der Arbeiten dürfen aufgrund des Rettungskonzepts keine Reisezüge durch die Oströhre verkehren.
Sitzplatzreservation empfohlen
Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 fährt je ein Zug am Freitagabend von Zürich nach Lugano und einer am Sonntagabend von Locarno nach Zürich wieder durch den Gotthard-Basistunnel. Dazu kommen während der Deutschschweizer Herbstferien, die bis zum 15. Oktober 2023 dauern, am Samstagmorgen zwei Züge von Zürich nach Bellinzona sowie einer am Sonntagnachmittag von Lugano nach Zürich. Bei den drei Zügen, die während der Deutschschweizer Herbstferien durch den Gotthard-Basistunnel verkehren, wird ab dem zweiten Wochenende doppelstöckiges Rollmaterial eingesetzt. Dadurch können rund 900 zusätzliche Sitzplätze angeboten werden.
Alle Züge, welche durch den Gotthard-Basistunnel verkehren, sind im Online-Fahrplan ersichtlich. Die Reiseroute ist in der App SBB Mobile sowie online durch Klick auf die Verbindung bei der Fahrtinfo abgebildet. Da die Züge mit reduzierter Geschwindigkeit durch den Tunnel verkehren, verkürzt sich die Reisezeit gegenüber der Panoramastrecke vorerst um 15 bis 30 Minuten. Die SBB empfehlen den Reisenden in diesen Zügen dringend eine Sitzplatzreservation. Diese ist ab dem 6. Oktober 2023 möglich. Überbelegte Züge können aus Sicherheitsgründen nicht durch den Gotthard-Basistunnel verkehren. In sämtlichen Zügen, die ab Freitag über die Panoramastrecke verkehren, können Sitzplätze schon jetzt reserviert werden.
In den vergangenen Wochen hat die SBB alles daran gesetzt, wieder mit Personenverkehrszügen durch den Gotthard-Basistunnel fahren zu können. Weniger als zwei Monate nach der Entgleisung eines Güterzugs im längsten Eisenbahntunnel der Welt ist dies nun der Fall. Dass dies möglich war, ist dem grossen Effort von zahlreichen SBB-Mitarbeitenden und Fachleuten zu verdanken. Sie haben im Mehrschichtbetrieb während sieben Tagen pro Woche die beschädigte Weströhre geräumt, Sicherheitsnachweise erstellt und ein angepasstes Rettungskonzept erarbeitet und erfolgreich getestet. Damit wurde die Voraussetzung geschaffen, dass Reisende im Ereignisfall sicher aus dem Gotthard-Basistunnel evakuiert werden könnten. Ausserdem wurden kurzfristig die Fahrpläne sowie die Informationen für die Kundinnen und Kunden angepasst und die Planung von Personal und Rollmaterial erstellt.
Angepasstes Rettungskonzept geprüft
Die SBB sind sich bewusst, dass sich die Reisenden so bald wie möglich wieder ein breites Angebot an Zügen durch den Gotthard-Basistunnel wünschen. Sie setzen weiterhin alles daran, dies möglich zu machen. Aufgrund der Reparaturarbeiten in der Weströhre, der reduzierten Kapazität und Geschwindigkeit sowie der Priorisierung der Güterzüge, von denen wegen der Eckhöhe nur sehr wenige über die Gotthard-Panoramastrecke fahren können, ist es zurzeit jedoch nur möglich, einzelne Reisezüge am Wochenende durch den Gotthard-Basistunnel anzubieten. Die SBB danken den Reisenden für das Verständnis.
Eine wichtige Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Personenverkehrs durch den Gotthard-Basistunnel war ein angepasstes Rettungskonzept. Die Sicherheit der Reisenden hat oberste Priorität und muss stets gewährleistet sein. Das BAV sowie eine unabhängige Sicherheitsstelle haben das angepasste Rettungskonzept geprüft. (nad)