Vergessene Mails, monatelanger Leerlauf – und Tausende Franken Schaden für eine Familie: Bei der Zürcher Bildungsdirektion herrscht offenbar ein Puff. «Was uns passiert ist, ist eine Frechheit», sagen Isabella M.* und Andreas H.* aus dem Zürcher Oberland. Erst als Blick interveniert, kommt endlich Bewegung in den Fall.
Rückblick: Im Dezember 2022 nimmt das Paar die Teenager-Schwester von Isabella M. in seiner bescheidenen Wohnung auf. Denn die Mutter von Isabella hat akute Probleme und kann sich nicht um Isabellas jüngere Schwester Manuela* kümmern. Isabella und Andreas nehmen Manuela also zu sich. Und verhindern so, dass die Situation eskaliert. Per Zufall findet das Paar später heraus, dass es damit die Aufgaben einer Pflegefamilie übernommen hat. Und deshalb auch das Recht auf eine staatliche Entschädigung hätte, in Form einer sogenannten Kostenübernahmegarantie (KÜG). Doch die Behörden bringen es fertig, dass die Familie das Geld nicht bekommt.
Für die Zürcher Oberländer wäre das eine willkommene Entlastung gewesen. «Wir sind keine reichen Menschen. Manuela brauchte beim Einzug Möbel, die wir aus eigener Tasche gezahlt hatten.» Zudem hätten sie auch die üblichen Auslagen im Alltag zu stemmen gehabt.
Die Kostenübernahme ist an Bedingungen geknüpft. Das Paar muss sich als Pflegefamilie registrieren und prüfen lassen. «Als wir über die KÜG informiert wurden, haben wir sofort Kontakt zu den Behörden gesucht», so M. Da sei es bereits Frühling gewesen, rund fünf Monate nach dem Einzug der Teenagerin. Es ist der Beginn der Behörden-Odyssee, in die verschiedene Stellen der Zürcher Bildungsdirektion involviert sind.
Eine Behördenodyssee beginnt
Die angehenden Pflegeeltern melden sich im April beim Kanton an. In einem Hausbesuch soll dann abgeklärt werden, ob M. und H. sich überhaupt eignen.
Aber nach der Anmeldung passiert monatelang: nichts. Es dauerte zwei Monate, bis sich die Behörden wieder melden. Und das mit schlechten Nachrichten. «Im Schreiben hiess es, dass die zuständige Person eine Mail versehentlich nicht abgeschickt hätte», so H. Zudem sei die verantwortliche Person in der Zwischenzeit noch krank und in den Ferien gewesen.
Wieder passiert danach wochenlang: nichts. Erst als sich die Beiständin des Pflegekinds über die Fortschritte informieren will, melden sich die Zuständigen wieder: Vor August gebe es keine Möglichkeit, den Hausbesuch durchzuführen, so die Information.
Im Oktober findet der Hausbesuch endlich statt. Die Teenagerin wohnt zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr bei den Pflegeeltern, wie das Paar erklärt: «Die Situation hat sich in der Zwischenzeit verbessert. Ende Juli konnte meine Schwester zurück nach Hause.» Die Zeit bei der Pflegefamilie hat sich aber gelohnt: «Sie fand während der Zeit eine Lehrstelle», freut die stolze Schwester.
Pleiten, Pech und Pannen
Der Behörden-Hausbesuch verläuft ebenfalls erfolgreich. Die Abklärung ergibt, dass sich die beiden als Pflegeeltern eignen und die KÜG rückwirkend auf den Beginn der Betreuung ausgezahlt werden könne.
Aber wieder vergehen fast zwei Monate, bis den Pflegeeltern die Leistungsvereinbarung für die KÜG zugestellt wird. Und: Die Daten sind falsch eingetragen. Die Betreuung wäre demnach erst zwei Wochen vor Manuelas Auszug gestartet. Wieder intervenieren H. und M. bei den Behörden. Wieder wird gesagt, dass der Fehler korrigiert werde.
DCX STORY: doc7tpiz2jj4k3dsg88imt [VA Pflegefamilie]Mittlerweile ist es Dezember geworden. Und die Behörden zeigen der Familie wieder die kalte Schulter. Nachdem man monatelang untätig war und Fehler an Fehler gereiht hat, sei nun die Frist für eine Entschädigung verstrichen! «Leider ist es aber so, dass dafür kein KÜG-Antrag mehr gestellt werden kann, da die Fristen längst abgelaufen sind», zitiert H. aus dem Behördenbrief.
Die Bildungsdirektion erklärt sich
Laut den gängigen Tarifen hätten den Pflegeeltern für die gesamte Betreuungsdauer seit Dezember 22 rund 20'000 Franken zugestanden. Allein vom April, als sie sich als Pflegeeltern offiziell angemeldet hatten, bis Juli 2023, als Manuela auszog, wären es immerhin etwa 8000 Franken gewesen.
Die verantwortliche Behörde zeigt sich nach mehreren Blick-Anfragen einsichtig und gibt Fehler zu: «Das Amt für Jugend und Berufsberatung prüft zurzeit die getroffenen Entscheide, mit dem Ziel, für die Familie so rasch als möglich Klarheit zu schaffen», heisst es in einer Stellungnahme.
Andreas H. flüchtet sich angesichts der Situation in Galgenhumor: «Der einzige Betrag, der zwischen uns und den Behörden tatsächlich floss, waren die 100 Franken, die wir für die Bewilligung als Pflegeeltern bezahlen mussten.»
*Namen geändert