Zwei Jahre lang verkaufte Rita Sulzer an Haustüren und auf Märkten die Produkte der Just AG. Ihr Fixlohn: 1500 Franken monatlich, plus 500 Franken Spesen für eine Halbtagsstelle im Zwischenverdienst.
«Ich wollte etwas beitragen, nicht nur der Arbeitslosenkasse auf der Tasche liegen», sagt die 63-Jährige. Das kommt sie jetzt teuer zu stehen: Sie soll 28'825.50 Franken an die Kasse zurückzahlen. Sie habe zu einem zu tiefen Lohn gearbeitet und so zu viel Arbeitslosengeld erhalten.
Das ist korrekt: Wer zu einem Dumpinglohn arbeitet, muss die Differenz zu einem branchenüblichen Lohn zurückgeben. Denn Arbeitgeber sollen sich nicht auf Kosten der ALV bereichern können, indem sie sich Billiglöhne subventionieren lassen.
Amt zeigt sich reuig
«Ich habe meine Lohnabrechnungen immer eingereicht. Aber jetzt merkt die Kasse plötzlich, dass mein Lohn zu tief war?», ärgert sich Sulzer. «Woher soll ich als Langzeitarbeitslose so viel Geld nehmen?»
Beim zuständigen Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürich zeigt man sich reuig: Es sei unglücklich, dass man den Fehler so spät festgestellt habe. «Für die entstandenen Umstände und Unannehmlichkeiten entschuldigen wir uns in aller Form.» Die Kasse sei aber verpflichtet, das Geld zurückzufordern. Allenfalls könne ein Erlassgesuch gutgeheissen werden.
Nach eigenen Angaben beschäftigt Just derzeit acht beim RAV gemeldete Mitarbeitende im Zwischenverdienst. Sie alle laufen Gefahr, zu viel bezogenes Arbeitslosengeld zurückzahlen zu müssen.
CEO will von Lohnerhöhung nichts wissen
Der Just-Konzern beschäftigt 120'000 Beraterinnen und Berater in 34 Ländern. In der Schweiz sind 124 Leute im Aussendienst tätig. Für Handelsreisende gibt es keinen Gesamtarbeitsvertrag und keinen Mindestlohn. Für eine volle Stelle zahlt Just einen Grundlohn von 3000 Franken plus 1000 Franken Spesen. Laut Lohnrechner.ch liegt der entsprechende Medianlohn bei über 5000 Franken, auch die untersten 25 Prozent verdienen meist über 4000 Franken.
Von Tieflöhnen will Just-CEO Heinz Moser nichts wissen: «Unsere Verkaufsberater können mit Einsatz und guten verkäuferischen Fähigkeiten sehr attraktive Einkommen erzielen.» Den Grundlohn anheben will er nicht. «Sie erhalten eine garantierte Mindestvergütung und Sozialleistungen, die weit über das Obligatorische hinausgehen.»
Dieser Artikel wurde aus dem Magazin «Beobachter» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.beobachter.ch
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