Eigentlich ist Campieren eine unkomplizierte Sache. Hinfahren, Wohnmobil parkieren, Ferien geniessen. Dieses Jahr ist das aber nur in der Theorie so. Die Campingplätze schweizweit sind übervoll, ein freies Plätzchen zu ergattern, ist eine aussichtslose Sache. Kein Wunder, boomen Stellplätze für Wohnmobile ausserhalb der Campinganlagen. Zum Beispiel bei Bauern, die im ganzen Land ihre Hofplätze und Wiesenstücke für Kurzferien vermieten.
«Unkompliziert und einfach», dachten sich auch Corinne (45) und Andreas Henz (44) aus Bärschwil SO. Von ihrem Hof aus hat man eine wunderbare Aussicht über das 700-Seelen-Dorf. Seit April bietet die Familie zwei Stellplätze vor ihrem Kuhstall an. Allerdings haben die beiden nicht geahnt, welches Bürokratie-Monster sie mit ihren zwei Stellplätzen aufwecken. Davon erzählen sie, als Blick bei ihnen auf dem Hof vorbeischaut.
Papierkram nimmt die Freude an der Sache
Für Stellplätze auf dem Bauernhof braucht es im Kanton Solothurn nämlich eine Baubewilligung – selbst wenn nichts gebaut wird und keine neuen Leitungen verlegt werden. «Wir haben am Hofplatz nichts verändert», versichert Corinne Henz. Der einzige Unterschied: Da, wo früher manchmal Autos standen, campieren heute Touristen mit ihren Wohnmobilen und Wohnwagen.
Henz ist gerne Gastgeberin. Sie ist stolz, Wohnmobilisten eine Ausweichmöglichkeit zu den vollen Campingplätzen zu bieten. Und sich so etwas dazuzuverdienen. «Aber bei dem Papierkram kann einem die ganze Freude vergehen», sagt die Bäuerin und zeigt auf den Stapel, der auf dem Tisch liegt.
Sie muss Dutzende Dokumente und Auszüge einreichen – wegen zweier Stellplätze für Wohnmobile. «Das alles hat mich viel Zeit und Nerven gekostet», sagt sie. Vor kurzem hat sie dennoch ihr Baugesuch beim Kanton Solothurn eingereicht.
Plötzlich klopft die Baupolizei an
Ob es zugelassen wird? «Ich bin mir nicht sicher», sagt Henz. Das Raumplanungsgesetz besagt, dass landwirtschaftsfremde Bauten auf Bauernhöfen bewilligt werden können, wenn der Betrieb ohne Zusatzeinkommen nicht weiter bestehen kann. Heisst im Umkehrschluss: Keine Baubewilligung für Stellplätze auf gut laufenden Betrieben.
Ist diese «Einkommens-Klausel» nicht erfüllt, lehnen gewisse Kantone die Baugesuche knallhart ab. Das zeigt der Fall von Beat F.* (50) aus der Region Oberaargau.
Der Landwirt hatte letzten Frühling fünf Stellplätze für Camper angeboten. Kurz darauf stand die Baupolizei auf seinem Hof – weil er keine Baubewilligung hatte. Gebaut hatte auch er nichts. Nur die Wohnmobile standen da.
«Augenmass muss wieder her»
Der Vorfall zog einen Rechtsstreit und eine Busse von über 1300 Franken nach sich, schreibt die «Bauernzeitung». F. beteuert, von diesen Vorschriften nichts gewusst zu haben. Er reicht daraufhin ein ordentliches Baugesuch ein. Der Kanton Bern bewilligte es nicht – unter anderem, weil ihm das Geld nicht fehle, erzählt der Landwirt.
«Den Behörden muss man endlich wieder erlauben, gesundes Augenmass anzuwenden», sagt F. zu Blick. «Da bieten wir Bauern bei Platzmangel auf Campingplätzen eine sachgerechte Alternative zum illegalen Wildcampen und werden dafür bestraft!», ärgert sich der Landwirt. Es sei endlich Zeit, dass die Behörden innovative Ideen der Bauern fördern würden.
Stellplätze nur für «arme» Bauern?
Dabei geht es den beiden Bauern gar nicht ums grosse Geld. Bei 15 bis 20 Franken pro Nacht und Stellplatz schaut kaum etwas raus. «Wir wohnen hier abgelegen und freuen uns über den Kontakt mit den Campern», sagt Henz. Dass gewisse Kantone die Stellplätze verbieten, wenn ein Bauer finanziell nicht darauf angewiesen sei, findet sie «eine bodenlose Frechheit».
Und was sagt der Kanton Solothurn zur Baubewilligungspflicht und der «Einkommens-Klausel»? Er verweist lediglich auf den entsprechenden Artikel im Raumplanungsgesetz. Ob die zuständigen Kantonsämter bei der Bewilligung von Henz' Baugesuch Augenmass walten lassen, wird sich zeigen.
* Name der Redaktion bekannt.