Auf einen Blick
- Lehrermangel an Schlierener Schule: Chaotische Zustände und wütende Eltern
- Schulleiter feuert beliebten Aushilfslehrer vor versammelter Elternschaft
- Seit Sommerferien hatten zwei Sekundarschulklassen 13 bis 14 verschiedene Vikare
Das Lehrer-Karussell im Schulhaus Kalktarren in Schlieren ZH dreht sich schnell. Mehrere Klassenlehrer seien krankgeschrieben, weshalb die Schüler von drei Klassen unter ständigen Lehrerwechseln leiden. Die besorgten Eltern wurden daher zu einem Elternabend eingeladen. Doch es kam zum Eklat: Samuel Wimmer (56), der Aushilfslehrer, wurde vor versammelter Elternschaft verbal angegriffen und gekündigt.
Grund: Er widersprach dem Schulleiter und bemängelte die Situation in den Klassenzimmern. Es fehlten Lehrmittel und es gäbe keine saubere Übergabe zwischen den Lehrpersonen. «Heb de Latz!» und «du bist gefeuert!», soll er als Antwort erhalten haben. Ein Schock für alle, denn Wimmer war der einzige Aushilfslehrer, der länger bei den Schülern bleiben wollte. Wie «20 Minuten» berichte, sind auch die Schüler traurig und betroffen: «Den mochten wir», erzählt ein Schüler aus seiner Klasse.
14 Lehrerwechsel und viel zu wenig Prüfungen
«Wir hatten seit dem Sommer 13 oder 14 Vikare. Manche blieben nur ein paar Tage», berichtet der 14-Jährige. Besonders problematisch: Kaum einer der Aushilfslehrer führte Tests durch. Er erzählt: «Über alle Fächer verteilt hatten wir erst vier bis fünf Prüfungen. Wir sollten schon dreimal so viele gemacht haben.» Und wenn sie welche geschrieben haben, sei nicht klar, ob sie gezählt werden, erzählt er weiter. Nach einer Prüfung sagte eine Aushilfe der Klasse, dass sie keinen Zugriff auf das Tool zur Noteneingabe habe.
Der Jugendliche räumt ein, dass auch die Klasse nicht ganz unschuldig an der Situation sei. Denn sie hätten einige Vikarinnen und Vikare durch ihr Verhalten vergrault. Viele hätten aber auch einfach nicht länger bleiben wollen.
«Ich dachte, die Kündigung sei nicht gültig»
Doch anders Wimmer, er stand am nächsten Morgen nach dem Elternabend wieder im Klassenzimmer und unterrichtete. «Ich habe gedacht, dass die am Elternabend ausgesprochene Kündigung nicht gültig sei und sich der Schulleiter wieder beruhige». Doch falsch gedacht: Er musste seine Sachen packen. Die Schüler waren damit nicht ein einverstanden und rebellierten. Trotzdem: Wimmer musste gehen.
Die Zustände an der Schule seien beispiellos, so Wimmer. «Als ich die Klasse übernommen hatte, war das Klassenzimmer dreckig und die Schüler hatten keine Lehrmittel.» Er habe versucht, Ordnung zu schaffen und sogar über ein Wochenende 80 Tests korrigiert, damit die Schüler wenigstens eine Note in Englisch hätten.
«Die Situation ist für uns alle schwierig»
Die Schulpräsidentin von Schlieren, Bea Krebs (FDP), die auch am Elternabend vor Ort war, sagt zu «20 Minuten»: «Die Situation ist für uns alle schwierig und entsprechend war die Stimmung an diesem Elternabend angespannt.»
Sie bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit der Vertretung nach dem Elternabend nicht verlängert wurde. Grund: unterschiedliche pädagogische Haltungen. Sie betont, dass gegenwärtig nur Vikarinnen und Vikare beschäftigt werden, die sich langfristig verpflichten.
Wichtiges Jahr für Berufswahl
Für die Schüler bleibt die Lage prekär, obwohl ein neuer Aushilfslehrer eingestellt wurde. «Er hat gesagt, er bleibt wenigstens eine Woche», erzählt der Schüler. Nächste Woche werde aber wieder eine neue Aushilfe kommen. Der 14-Jährige ist frustriert: «Das Problem ist, dass die zweite Sek mit der Berufswahl ein sehr wichtiges Jahr ist.»
Die Schulbehörde gibt zu, dass aufgrund der angespannten Personalsituation weniger Noten erhoben wurden als üblich. Sie versichert jedoch, dass für die Zeugnisse genügend Beurteilungsanlässe zur Verfügung stehen. Die Vorwürfe bezüglich mangelnder Sauberkeit oder Verwahrlosung weist die Stadt zurück.