Jetzt stand der Zuger vor Gericht
Arzt diagnostizierte Erkältung, Patientin stirbt an Herzinfarkt

Eine Rentnerin suchte wegen gesundheitlichen Problemen ihren Arzt auf. Wenig später starb sie in ihrer Wohnung an einem Herzinfarkt. Nun musste der Arzt vor Gericht.
Publiziert: 02.06.2023 um 11:19 Uhr
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Aktualisiert: 02.06.2023 um 12:21 Uhr
Der Arzt führte kein Elektrokardiogramm (EKG) durch (Symbolbild).
Foto: Shutterstock
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Georg NopperRedaktor News

Ein Arzt aus dem Kanton Zug wurde von der Staatsanwaltschaft wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Dies, weil eine Patientin, bei der er eine Erkältung diagnostiziert hatte, Stunden später an einem Herzinfarkt verstarb.

Der Vorfall ereignete sich Anfang 2019. Die Frau berichtete von Symptomen, die typisch für eine Erkältung sind. Zusätzlich erwähnte sie ein Kribbeln in den Fingerspitzen und Druck auf der Brust, jedoch keine Schmerzen in Arm oder Schulter, was auf einen Herzinfarkt hingedeutet hätte. Die Entzündungswerte waren leicht erhöht, aber weder das Abhören des Herzens und der Lunge noch das Abtasten der Halsvenen ergaben gemäss dem Arzt Auffälligkeiten.

Nach der Konsultation telefonierte die Seniorin zweimal mit ihrer Tochter und berichtete von Schmerzen in Arm und Brust, später auch von Erbrechen. Als die Tochter wenig später die Wohnung betrat, fand sie die Mutter leblos auf dem Boden vor. Jede Hilfe kam zu spät. Die Autopsie ergab, dass der Tod durch einen akuten Herzinfarkt verursacht wurde.

Hätten Tests das Schlimmste verhindert?

Die Staatsanwaltschaft warf dem Arzt vor, keine Tests wie ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt zu haben, um das Herzproblem festzustellen und die Frau notfallmässig einzuweisen. Trotzdem wurde der Arzt nun auch in zweiter Instanz freigesprochen, wie Zentralplus berichtet. Es wurde dem Gericht zufolge nicht «ohne unüberwindliche Restzweifel» bewiesen, dass der Tod der Patientin durch die Tests hätte verhindert werden können, was für eine Verurteilung zwingend erforderlich gewesen wäre.

Gemäss dem Obduktionsbericht könnte die Patientin den Infarkt auch nach dem Arzttermin erlitten haben. In diesem Fall hätten auch die empfohlenen Untersuchungen wie ein EKG und weitere Tests keinen eindeutigen Herzinfarktnachweis erbracht. Eine Notfallintervention zur Verhinderung des tödlichen Verlaufs der Erkrankung wäre somit nicht möglich gewesen.

Obwohl der Arzt freigesprochen wurde, ist das Gericht der Ansicht, dass er sich nicht auf seine Einschätzung hätte verlassen dürfen. Weitere Untersuchungen wären «zwingend erforderlich» gewesen. Das Gericht betrachtet dies als Verstoss gegen die Sorgfaltspflicht und stellt fest, dass der Arzt fahrlässig gehandelt habe. Die Kosten für die Untersuchung sowie des Verfahrens vor dem Strafgericht in Höhe von 14'000 Franken wurden dem Arzt deshalb auferlegt. Es ist unklar, ob der Arzt und die Staatsanwaltschaft das Urteil weiterziehen. (noo)

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