Wenn Katrin Landolt (64) nach einem Gewitter den Wasserhahn in ihrem Haus in Triengen LU aufdreht, beschleicht sie ein mulmiges Gefühl. «Ich weiss dann nie, ob Güllewasser herauskommt», sagt sie. Immer wieder sei das Wasser verschmutzt, wenn es stark geregnet habe: «Nach dem Trinken oder Zähneputzen bekomme ich Bauchkrämpfe und Durchfall!»
Die 64-Jährige fühlt sich im Stich gelassen. Immer wieder habe sie die Gemeinde auf ihre Symptome hingewiesen. «Aber sie verharmlosen das Problem oder streiten es ganz ab.»
Landolts Haus steht am Hang, westlich des Dorfkerns von Triengen. An mehreren Orten in unmittelbarer Nähe fasst die Korporation Triengen Trinkwasser für die Gemeinde. Die meisten befinden sich auf dem Grund lokaler Bauern.
Bauern güllen trotz Schutzzone
Im Gebiet rund um eine solche Wasserfassung gelten besondere Vorschriften. Das Gewässerschutzgesetz sieht drei Schutzzonen vor: Die erste Zone darf gar nicht landwirtschaftlich genutzt werden, in der zweiten ist das Düngen verboten und in der Dritten darf unter anderem kein Abwasser versickert werden.
Rund um die Quellen in Katrin Landolts Umgebung in Triengen wurden zwar Schutzzonen definiert. Doch der Kanton hat diese bislang nicht formell ausgeschieden. Man spricht also von provisorischen Schutzzonen. Die Einschränkungen zum Schutz der Wasserfassungen – sprich die Gewässerschutzverordnung der Schweiz – gelten hier nicht!
«Haben schon genügend Einschränkungen»
Eine dieser Fassungen mit provisorischer Schutzzone liegt auf dem Land von Bauer Alois Fischer. Zu Blick sagt er: «Die Behörden haben uns keine Einschränkungen mitgeteilt.» Er verzichte zwar darauf, vor einem Gewitter zu güllen. «Aber das mache ich freiwillig!»
Einige Höfe weiter wohnt Landwirt Otto Steinmann. Auch auf seinem Land befinden sich mehrere Quellen mit provisorischen Schutzzonen. «Wir schöpfen hier seit über 100 Jahren Wasser», sagt Steinmann zu Blick. Auf Dünger verzichte er nicht: «Besondere Schutzmassnahmen braucht es nicht. Schliesslich gibt es schon genügend Vorschriften.»
Gleich zweimal: Bakterien-Alarm!
Im Sommer 2021 warnte die Gemeinde Triengen in ihrem Newsletter vor Verschmutzungen im Wasser. Erhöhte Keimzahlen seien nachgewiesen worden, heisst es. Die betroffene Quelle hatte nur eine provisorische Schutzzone.
In diesem Sommer passiert es erneut: Bakterien-Alarm! Katrin Landolt erzählt: «Wir wurden informiert, dass sie Fäkalbakterien nachgewiesen haben und wir das Wasser abkochen sollen.»
Die Gemeinde Triengen hat die Verantwortung für die Wasserversorgung an die Korporation Triengen übertragen. Deren Präsident Stephan Kost versichert: «Nach der Feststellung der Verunreinigung haben wir gemäss unserem Notfallkonzept umgehend die betroffenen ca. 15 Haushalte informiert, die nötigen Massnahmen ergriffen und auch die zuständige Stelle des Kantons informiert. Ansonsten waren unsere Proben aber stets einwandfrei!»
Potenzielle Gefahr für Konsumenten
Zu den Vorwürfen von Katrin Landolt sagt Kost: «Wir hatten mit dem Grossteil der ca. 40 Betroffenen persönliche Gespräche. Keine der Personen beklagte sich über irgendwelche Beschwerden im Zusammenhang mit dem Trinkwasser.» Die Beschwerden von Katrin Landolt könnten somit auch eine andere Ursache haben, so Kost.
Doch Fakt ist: Wenn die Einschränkungen zum Schutz von Trinkwasser nicht umgesetzt werden, besteht eine potenzielle Gefahr für die Konsumenten. Das bestätigt auch Christos Bräunle vom Fachverband für Wasser, Gas und Wärme (SVGW). «Solche provisorischen Schutzzonen sollten deshalb kein Dauerzustand sein», so der Experte.
Doch nicht nur in Triengen – im ganzen Kanton Luzern gibt es Schutzzonen, die nur provisorisch sind. Andrea Muff, Sprecherin des Luzerner Bau-, Umwelt und Wirtschaftsdepartements erklärt: «In diesen liegen nur kleine Wasserfassungen, die folglich nur einen kleinen Teil der Luzerner Bevölkerung betreffen.»
Aus Triengen fehlen Unterlagen
Im Fall von Triengen habe man die nötigen Unterlagen noch nicht erhalten, um die provisorischen Schutzzonen in definitive umzuwandeln, sagt Muff. Die Dokumente einreichen müsste die Korporation Triengen.
Korporationspräsident Stephan Kost versichert, man sei mit dem Kanton im Austausch. «Unser Ziel ist, die Ausscheidungen möglichst bald umzusetzen.» Möglichst bald – das könnte in Triengen auch Jahre bedeuten. Schliesslich bestehen die provisorischen Schutzzonen in der Gemeinde bereits seit 2008.
Katrin Landolt hat ihr Vertrauen in die Gemeinde verloren. Sie trinkt nur noch gekauftes Wasser, kein Hahnenwasser. «Es stinkt mir, diese Gülle zu saufen!», sagt sie. Gelöst ist damit aber wenig. «Ich putze mir doch damit die Zähne, wasche mich. Trinkwasser ist so etwas Grundlegendes und es belastet mich sehr, nicht zu wissen, ob ich damit meine Gesundheit gefährde.»