Ein charmantes Restaurant auf 1000 Metern über Meer mit einem fantastischen Ausblick und neustem Küchen-Equipment – trotzdem steht das letzte verbleibende Lokal in Unterems VS seit Dezember leer und die rund 130 Einwohner müssen ihren Durst daheim stillen.
«Die vorherige Pächterin hat sich leider Gottes ihren Traum erfüllt und im Tal ein eigenes Lokal gekauft. Nun ist die Beiz seit Anfang Dezember zu und trotz Zeitungsinserat ist keine einzige Bewerbung eingegangen», sagt Gemeindepräsident Marcel Zenhäusern (62) verzweifelt zu Blick.
Hochsaison steht vor der Tür
Die Wirtschaft mit rund 40 Sitzplätzen befindet sich seit 2010 im ehemaligen Gemeindebüro: Da Unterems vor einigen Jahren mit Turtmann VS fusioniert hat, reicht ein einzelner Arbeitsplatz für eine Mitarbeiterin der Gemeinde nämlich aus. Im selben Gebäude befindet sich auch noch ein kleines Lebensmittelgeschäft, das ebenfalls der Gemeinde gehört.
«Eigentlich hätten wir uns gewünscht, dass hier im Sommer wieder Gäste bewirtet werden», so Zenhäusern. In dieser Jahreszeit sei nämlich sehr viel los: Viele Wanderer und Velofahrer seien unterwegs, etwa auf der Durchreise ins wildromantische Turtmanntal.
Mini-Dorf «halb tot» ohne Beiz
«Wenn der Herbst schön ist, dann ist bis im Oktober hier sehr viel los», erklärt der Walliser weiter. «Das Problem ist aber halt schon, dass ab Mitte November bis im April oder Mai eine tote Zeit mit nur wenig Tourismus ist. Es ist wirklich ein saisonales Geschäft hier, das macht die Suche nach neuen Pächtern nicht einfacher.»
Der Verband GastroSuisse erklärt zudem auf Anfrage, dass auch die Corona-Pandemie das Unterfangen wohl zusätzlich erschweren dürfte: «Die Anzahl der Neueintragungen im Handelsregister in der Gastronomie hat in den beiden Pandemie-Jahren 2020 und 2021 etwas abgenommen.»
Dennoch will das Gemeindeoberhaupt nicht einfach so aufgeben und hofft nun auf die Blick-Leserschaft. «Es wäre wirklich schade und traurig, wenn wir niemanden finden würden. Ohne Restaurant ist das Dorfleben in Unterems in meinen Augen halb tot», so Zenhäusern weiter. «Als ich noch ein kleiner Bub war, gab es hier sogar noch zwei florierende Restaurants im Dorf. Unterdessen sind diese beiden zu und eine Schule gibt es hier ebenfalls nicht mehr.»
Ältester Dorfbewohner wünscht sich Poulet-Flügeli
Auch Oswald Hischier, der älteste Dorfbewohner, findet: «Es ist viel sozialer Kontakt verloren gegangen, seit das Beizli zu ist. Vorher bin ich täglich hier etwas trinken gekommen und jetzt muss man halt alleine bleiben, fertig.» Freunde zu sich nach Hause einzuladen, das sei einfach nicht dasselbe – und das würde man auch weniger häufig tun.
Der rüstige Rentner, der schon im Mini-Bergdorf aufgewachsen ist, hat auch noch einen Menu-Wunsch: «Poulet-Flügeli, das hab ich sehr gern! Aber ich esse alles, einfach nicht alles gleich gern.»
«Den Leuten fehlt das Restaurant»
Eine der jüngsten Einwohnerinnen ist Emily-Catalina Grichting (8), sie wünscht sich ebenfalls die Wiedereröffnung und sagt: «Es wäre toll, wenn es dann auch eine Spielecke geben würde.» Ihr Menu-Wunsch: «Pizza mit Schinken und Ananas, dazu einen Donut.»
Cindy Grichting (34) schmunzelt bei der Aussage ihrer Tochter, aber auch die Angestellte des Unteremser Lebensmittelgeschäftes meint: «Den Leuten fehlt das Restaurant und der Austausch sehr, das sagen sie beim Einkaufen immer wieder.» Und auch die vierfache Mutter habe es praktisch gefunden, bei einem der früheren Pächtern einfach mal eine Pizza im Vorbeifahren für die Familie abholen zu können.
Gutbürgerliche Küche ist gewünscht
«Wir hätten schon gerne wieder jemanden, der währschaft kocht», erklärt Marcel Zenhäusern. Ein Thai-Restaurant oder einen Kebab-Imbiss könne er sich in dieser urchigen Kulisse weniger vorstellen: «Aber wenn jemand eine Idee hat, dann hören wir uns die gerne an. Es besteht auch die Möglichkeit, das Lebensmittelgeschäft und das Restaurant zusammen zu übernehmen. Hauptsache, die Beiz wird wieder eröffnet!»