Seit über einem Jahrhundert ist die Schweizer Armee auf dem Simplonpass im Wallis präsent. Der dortige Gebirgsschiessplatz ist der einzige in der Schweiz, auf dem die Artillerie auf die langen Distanzen schiessen kann. Seit vier Jahren versucht das VBS, die Infrastruktur des Schiessplatzes auszubauen. Für 30 Millionen. Damit haben sich die Armee-Planer die Hüttenbesitzer in der Region zu Gegnern gemacht.
Zwei von ihnen sind Adrian Balmer (58) und Roland Schmid (62). Sie blicken auf die Spittelmatte, jenen Ort auf dem Pass, wo in Zukunft mehr Artillerie unterwegs sein soll. Den Familien der beiden Männer gehören seit vielen Jahren Hütten in direkter Nähe des Schiessplatzes. «Wir sind angespannt und wachsam», sagt Schmid zu Blick. Balmer nickt. Sie sehen ihre Bergidylle in Gefahr. Vor allem durch mehr Lärmbelästigung.
Ein zweiter Versuch für den Schiessplatz
Rückblick: 2019 unternimmt das VBS einen ersten Versuch, den bestehenden Schiessplatz auf dem Simplon auszubauen. Herzstück der damaligen Pläne ist eine ringförmige Piste, auf der die Panzerhaubitzen und Mörser 16 mitten in der Passlandschaft Fahrmanöver üben und schiessen sollen.
Es hagelt Einsprachen. Auch von Schmid und Balmer. «Man hat damals versucht, uns zu überrumpeln», sagt Balmer. Das Baugesuch wird mitten im Sommer aufgelegt. Ohne Vorankündigung. Ohne Erklärung.
Wegen der massiven Kritik bläst Verteidigungsministerin Viola Amherd (61, Mitte) die Übung im Jahr 2019 ab, um sie im letzten Jahr wieder aufzunehmen. Im Oktober 2022 informiert die Armee in der Turnhalle von Simplon Dorf darüber, wie sie den Ausbau der Schiessinfrastruktur dennoch umsetzen will. Balmer und Schmid bekommen damals zu hören: Die umstrittene Panzerpiste ist vom Tisch.
Fragen über Fragen zum Projekt
Die Vertreter des VBS bemühen sich aufzuzeigen, wie viel besser das neue Projekt ist. Doch ihre Charmeoffensive wirkt bei Balmer und Schmid nicht. «2019 wollte man uns überrumpeln, jetzt wollte man uns einlullen», kommentiert Schmid.
Die Hauptkritikpunkte der Anwohner des Schiessplatzes bestehen weiterhin. Balmer sagt: «Statt einer runden Piste gibt es nun einfach eine gerade Strasse mit Schiesspodesten. Das ist doch keine Verbesserung.» Auch sonst haben die beiden viele Fragen. Warum braucht es einen neuen Helikopterlandeplatz? Wie viel Schuss mit schwerem Gerät werden pro Jahr abgefeuert? Ist das ganze Projekt nicht noch immer überdimensioniert?
Mit der Informationsveranstaltung wird auch ein Mitwirkungsverfahren lanciert. Schmid und Balmer reichen umfangreiche Dossiers ein.
Was läuft da?
Seitdem aber herrscht Funkstille. «Es ist, als hätten wir unsere Vorschläge in ein schwarzes Loch geschmissen», sagt Roland Schmid zynisch. Vom VBS haben er und die anderen Hüttenbesitzer seit Monaten nichts gehört. Nicht nur das: Das VBS hat auch den selbst angekündigten Termin für die erneute Auflage eines Baugesuchs verstreichen lassen.
Die Unsicherheit sei gross, sagt Adrian Balmer. Er und die anderen Hüttenbesitzer wissen nicht, warum es zur Verzögerung kommt, wann das Projekt erneut aufgelegt wird. «Die Kommunikation der Armee ist lausig», sagt Roland Schmid, der früher selbst bei der Artillerie war. «Das Ganze ist arrogant. Die hohen Tiere der Armee haben offenbar noch immer das Gefühl, sie können machen, was sie wollen.»
Kaum Informationen
Auf Anfrage von Blick gibt sich das VBS bezüglich des Ausbaus des Schiessplatzes sehr bedeckt. Es teilt lediglich mit: «Das VBS analysiert aktuell die im Rahmen der öffentlichen Mitwirkung eingegangenen Anregungen und prüft eine dezentrale Realisierung der benötigten Betriebs- und Logistikbauten auf dem Simplon.» Dadurch verzögere sich die öffentliche Auflage der Baugesuchsunterlagen.
Derweil verwundert es nicht, dass die Hüttenbesitzer auf dem Simplon schon jetzt davon ausgehen, dass sie bei der erneuten Auflage des Projektes wieder einsprechen werden. Dass das VBS ihre Anregungen aufnimmt, scheint ihnen unrealistisch. Sie sagen: «Wir sind wir bereit, erneut für die Idylle hier auf dem Pass zu kämpfen.»