Gerahmt von zwei historischen Gebäuden steht der oberste Landschaftsschützer der Schweiz vor der weiten Hochmoorlandschaft. Raimund Rodewald (60) hat Bauprofile im Blick, die eine Fläche von etwa drei Fussballfeldern abstecken. Und schüttelt den Kopf: «Dieses Armeeprojekt ist ein Schlag ins Gesicht aller Landschaftsschützer.» Hier auf der Spittelmatte am Simplonpass soll ein neuer Artillerie-Schiessplatz mit einer Werkstatt, einem Helilandeplatz, einem Areal zum Aufmunitionieren und einem Panzerrundkurs entstehen – Kostenpunkt: rund 30 Millionen Franken.
Doch die Pläne der Armee haben die Eigentümer angrenzender Ferienhäuser aufgeschreckt, auch Franz Albrecht (53), dessen Besitz in Sichtweite der Bauprofile liegt. Er hat sich mit Nachbarn zusammengetan und Einsprache erhoben. Nun sammeln sie Unterschriften gegen das Projekt: Ihre Petition trägt den eingängigen Namen «Stopp Panzerpiste Simplon».
Denn was die Armee hier oben plant, gleicht eher einem neuen Waffenplatz als einer «Sanierung der Ausbildungsinfrastruktur», wie es in der Mitte Juni publizierten Bauanzeige heisst.
Neben mehreren Umweltverbänden hat auch die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz ihr Veto gegen das Projekt eingelegt. Deren Geschäftsführer Raimund Rodewald erfuhr, wie er sagt, nur über Umwege von dem «Grossvorhaben». Angesichts des geplanten «massiven Ausbaus» sei er «alarmiert». Er fühle sich an Armeeprojekte aus der Zeit des Kalten Krieges erinnert.
«Völlig unverständlich»
Dabei gehe die Entwicklung der Armee eigentlich in die entgegengesetzte Richtung: Truppen würden laufend reduziert, insbesondere die der Artillerie. Rodewald weiter: «Deshalb ist es völlig unverständlich, warum die Armee nun eine freie Fläche überbauen will.» Zumindest erwarte man, bei solch grossen Projekten frühzeitig einbezogen zu werden, damit ein Konsens gefunden werden kann – «beim VBS scheint das noch nicht angekommen zu sein», so der Landschaftsschützer.
Schon heute nutzt die Armee den Simplon für Schiesstrainings und benutzt die Strassen und Wege auf dem Pass. Ausser in den Sommermonaten feuert sie mit riesigen Panzerhaubitzen (kleines Bild oben) auf die gegenüberliegenden Zielhänge. An die 1000 Soldaten sind dann mit ihren Fahrzeugen in der Region stationiert, teils in Bunkern auf dem Pass, teils in den Dörfern Gondo und Simplon-Dorf.
Weil die Armee für die Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, unterstützt die Gemeinde Simplon-Dorf das Bauprojekt auf dem Pass.
Und doch könnte der geplante Schiessplatz zur Nagelprobe für die Walliser Bundesrätin Viola Amherd (57) werden, die das Projekt des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) von ihrem Vorgänger geerbt hat.
Das Idyll will man bewahren
Beim VBS gibt man sich zugeknöpft: Das Projekt auf dem Simplon werde von Armasuisse-Immobilien betreut. Vor einer Stellungnahme wolle man die Einsprachen genau prüfen, so VBS-Sprecher Renato Kalbermatten auf Anfrage: «Anschliessend führen wir mit der Gemeinde und den Besitzern Gespräche und suchen nach Lösungen.»
Für Franz Albrecht und seine Mitstreiter geht das Ringen um die Spittelmatte damit in die entscheidende Phase: «Wir wollen unser Idyll bewahren – ein Panzerrundkurs würde dieses definitiv zerstören.»
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