Der Beton-Fahrmischer der Theler AG fährt langsam auf die Schutthalde des Recyclingplatzes Goler, wendet und lässt dann flüssigen Beton aus der Trommel ab. Der Fahrer spritzt kurz mit dem Wasserschlauch nach, dann verlässt das Fahrzeug das Gelände wieder. Gedauert hat die Aktion nur ein paar Minuten, passiert ist sie direkt an der Kantonsstrasse zwischen Visp und Raron im Oberwallis, am helllichten Tag, in aller Öffentlichkeit. Eine Praxis, die es gemäss ehemaligen Mitarbeitern schon seit Jahren gibt. Und die einmal mehr ein fragwürdiges Licht auf die traditionsreiche Baufirma aus Raron wirft.
Schon seit dem Jahr 2021 läuft ein Vorverfahren gegen die Theler AG. Und schon damals lautete der Verdacht: wissentlicher Verstoss gegen Umweltauflagen. Vor drei Jahren ging es um das Entsorgen von Beton in der Rhone, heute um das illegale Waschen von Fahrzeugen.
Unterdessen wird ein paar Minuten später das nächste Fahrzeug der Baufirma mit Wasser abgespritzt, Blick-Reporter beobachten solche Aktionen an unterschiedlichen Tagen. Jedes Mal wird frischer Beton aus Betonfahrmischern auf den Schuttberg abgelassen, dann werden die Fahrzeuge, in erster Linie die sogenannten Schüttrinnen für den Beton, mit einem Schlauch gewaschen. All dies geschieht auf einer rund sechs Meter hohen Schutthalde.
Hochproblematisches Waschwasser
Das grosse Problem ist genau dieses Abspritzen der Fahrzeuge mit Wasser, weil dieses giftig ist und in den Boden versickern könnte. Die Walliser Umweltchefin Christine Genolet-Leubin sagt: «Spülwasser, das bei der Reinigung anfällt, ist stark alkalisch und reich an Feststoffen. Bezüglich dieser Waschvorgänge müssen die genauen Gegebenheiten deshalb näher untersucht werden.» Heisst: Aufgrund der Aufnahmen von Blick will das Walliser Umweltamt genauer abklären, was auf der Deponie der Theler AG vor sich geht. «Ob ein Verfahren mit allfälligen Sanktionen eröffnet werden soll oder nicht, wird ebenfalls Gegenstand der näheren Untersuchungen sein», so die Walliser Umweltchefin weiter.
Blick holt auch eine Einschätzung beim Amt für Abfall des Kantons Bern ein. «Die Fahrzeugwäsche hat auf einem dafür ausgerüsteten und bewilligten Waschplatz stattzufinden», erklärt Fachbereichsleiter Patrick Locher und fügt an: «Beim Waschwasser handelt es sich um verschmutztes Abwasser, das nach einer allfälligen Vorbehandlung in die Schmutzwasserkanalisation entwässert werden muss.» Auch Locher weist darauf hin, dass das Waschwasser einen hohen pH-Wert hat und deshalb umweltschädlich ist. «Geschieht die Reinigung von Fahrmischern ausnahmsweise auf einer Baustelle, sind ebenfalls die dafür nötigen Vorabscheide- und Behandlungsanlagen mit entsprechender Kontrolle des Abwassers vorgeschrieben.» Das bedeutet: In Bern wäre das Abspritzen der Fahrzeuge ohne spezielle Anlage verboten. Auf den Luftaufnahmen von Blick vom Platz bei Raron sind solche Anlagen nicht zu erkennen.
Keinerlei Probleme sieht die Walliser Umweltchefin beim frischen Beton, den die Firma auf die Schutthalde kippt. Dieser härte schnell aus, weshalb kein Risiko für eine Verschmutzung des Bodens bestehe. Auch hierzu hat man in Bern eine klare und andere Meinung. Patrick Locher sagt: «Die Schadstoffe in flüssigem Beton sind nicht immobilisiert und können in das Sickerwasser und somit auch ins Grundwasser oder in ein Oberflächengewässer gelangen.»
Für die Firma ist alles ok
Bei der Theler AG ist man sich keines Fehlverhaltens bewusst. Firmenchef Renzo Theler (41) erklärt gegenüber Blick: «Der besagte Film zeigt, wie die schwenk- und neigbare Rutsche des Betonmischers gesäubert wird. Dieses Abwaschen der Rutsche stellt keinen Verstoss gegen die Umweltvorschriften dar.»
Theler erklärt: Die Reinigung der Rutsche geschehe auf dem sechs Metern hohen Schutthaufen mit Wasser. «Das heisst, dass das Wasser innerhalb des Schüttmaterials verbleibt», so Theler. Bedeutet: Weil das Waschwasser erst einmal durch den Schuttberg sickern muss, besteht für eine Verseuchung des Bodens darunter aus Thelers Sicht keine Gefahr. Gemacht werde diese Reinigung, um die Beton-Fahrmischer fahrtauglich zu halten. «Wir haben nichts zu verstecken. Wir fürchten uns nicht vor einer zusätzlichen Überprüfung durch die Behörden.»
Der Firmenchef sieht sich und seine Angestellten vielmehr als Opfer einer Schmutzkampagne. Seine Firma werde aus Rache von einem ehemaligen Angestellten denunziert, dem man ordnungsgemäss gekündigt habe.
Eine alte Bekannte
Im Frühling 2021 waren bereits Videos aufgetaucht, auf denen zu sehen ist, wie Betonfahrmischer der Firma frischen Beton in die Rhone ablassen, anstatt diesen fachgerecht und umweltkonform zu entsorgen. Der «Walliser Bote» machte die Sache damals publik.
Die Behörden schalteten sich ein, Zeugen wurden vernommen. Die Staatsanwaltschaft eröffnete eine Voruntersuchung. Dann geschah fast drei Jahre nichts. Blick-Recherchen zeigen nun: Seit ein paar Monaten befasst sich die Walliser Kriminalpolizei wieder aktiv mit dem Fall. So wurden in den letzten Monaten weiterer Zeugen vernommen, auch die Geschäftsleitung um Renzo Theler soll befragt worden sein. Einer der befragten Zeugen sagt zu Blick: «Die Beamten wollten genau wissen, wer die Videos damals gemacht hat, und wer die Anweisungen gab, den Beton in die Rhone zu kippen.»
Angesprochen auf dieses Verfahren gibt sich Renzo Theler zurückhaltend: «Dieses Verfahren läuft, und deshalb äussere ich mich hierzu nicht.»
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