«Es passt einfach nicht hier her»
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Haus sorgt für heftige Debatte:«Es passt einfach nicht hier her»

Beton-Haus in Naters VS für Architekturpreis nominiert – Dorfbewohner Chrigel Blumenthal (53) ist entsetzt:
«Es ist eine Frechheit, dass die Gemeinde das zugelassen hat»

Futuristischer Neubau an der historischen Judengasse in Naters VS: Nun soll das moderne Gebäude einen Architekturpreis gewinnen. Im Dorf sind die Meinungen über das Haus geteilt und man fragt sich, ob beim Baugesuch alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Publiziert: 03.05.2022 um 09:24 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2022 um 14:35 Uhr
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Im November 2020 ist in dieses Einfamilienhaus in Naters VS eine vierköpfige Familie eingezogen. Seither sorgt der futuristische Neubau im Dorf für Gesprächsstoff.
Foto: Luisa Ita
Luisa Ita

Urchige Holzhäuser und alte Mauern säumen die historische Judengasse in Naters VS – und dann steht da auf einmal dieser futuristische Sichtbetonbau, der laut dem Onlineportal der lokalen Pomona-Medien nun für den wichtigsten Architekturpreis im deutschsprachigen Raum nominiert ist. Die Architekten aus Sitten VS könnten demnach beim renommierten Wettbewerb «Häuser des Jahres» den Hauptgewinn von 10'000 Euro erhalten.

Im Dorf ist dies derzeit Gesprächsthema Nummer eins. «Das Haus an sich ist sehr originell, aber es passt einfach nicht hierhin. Ich hätte nicht erlaubt, es hier zu bauen. Hier gibt es sonst nur alte Häuser», meint etwa die Walliserin Gigi Salzmann (64), die unterdessen in Solothurn lebt und gerade am Haus vorbeispaziert.

Und auch Chrigel Blumenthal (53) aus Naters ist entsetzt: «Es ist eine Frechheit, dass die Gemeinde das zugelassen hat.» Er sei nur unweit vom Neubau aufgewachsen, erzählt der einstige Koch. «Einmal wollten wir ein Dach durch ein Wellblech ersetzen, doch es kamen Einsprachen und deswegen durften wir das nicht. Und nun das.» Auch auf Twitter wird das Haus an der historischen Gasse als «Parkhaus» und «Rohbau» bezeichnet. Manche munkelten gar, der Bauherr habe bloss dank Vitamin B bauen dürfen.

Baubewilligung dank guter Beziehungen?

Das Haus steht nämlich in der Dorfzone. Im Bau- und Zonenreglement von Naters gibt es dafür besondere Vorschriften: «Neu-, An- und Umbauten haben in Stellung, Dimension, Dachform, Proportionen, Fensteröffnungen, Material, Fassade und Farbe auf die Bauten des Dorfkerns Rücksicht zu nehmen.» Dass der Betonblock ins Ortsbild passen soll, erschliesst sich dem Betrachter nicht sofort.

Björn Wyss (48), Leiter Bau und Planung der Gemeinde Naters, sieht es anders: «Die Judengasse besteht aus einer Vielzahl von uralten Bauten. Das Einfamilienhaus ist von der Setzung her richtig gewählt und die Höhenstaffelung wirkt harmonisch und nicht dominant gegenüber den bestehenden Bauten. Das ist aus Sicht der Baukommission und des Gemeinderats darum richtig und zulässig.» Das Haus setze lediglich Akzente einer zeitgenössischen Architektur, meint er. «Das Dorfbild wird dadurch nicht beeinträchtigt. Eine farbige Fassade oder ein höherer Bau wären hingegen problematisch gewesen.» Dass der Bauherr mit einem der Gemeinderäte verwandt ist, habe beim Entscheid hingegen keinen Einfluss gehabt: «Dieses Haus hätte jeder hier bauen dürfen. Es ist übrigens auch keine einzige Einsprache eingegangen.»

Ein Gewinn für Naters

Die Hausbewohner suchen die Öffentlichkeit nicht. Ein Familienvater sagt jedoch im Gespräch mit Blick, dass der Architekt sie vorgewarnt habe, das Haus würde polarisieren. «Aber uns gefällt es sehr und es entspricht auch allen Vorgaben des Reglements.» Über den Sieg beim Architekturpreis würde er sich freuen, jedoch wäre es natürlich das Verdienst des Architekten.

Gemeindepräsidentin Charlotte Salzmann-Briand (48), die aus der Zeitung von der Nominierung erfahren hat, würde sich ebenfalls über den Preis freuen. Zum Haus meint sie: «Architektur ist immer Geschmackssache. Es ist halt mal etwas anderes. Und es ist ja gut, sind die Geschmäcker verschieden, so dass nicht allen alles gleich gefällt.»

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