Auf einen Blick
- Bauprojekt Ligari in Lignières NE: Lebenstraum wird zum Albtraum für Hausbesitzer
- Massive Baumängel führen zu hohen Zusatzkosten. Die Bewohner sind verzweifelt
- Hausbesitzer müssen bis zu 250'000 Franken für Reparaturen aufbringen
Das Bauprojekt Ligari in Lignières NE hätte die Erfüllung eines Lebenstraums werden sollen. Beste Hanglage am Fuss des Chasseral, mit Blick auf den Bielersee. Sieben Villen in Fertigbauweise umfasst das Projekt.
Doch bei der Fahrt durch ruhige Quartierstrasse fällt schnell auf: Hier stimmt etwas nicht. Die Gärten sind nicht angelegt, eines der Häuser ist in ein Gerüst gefasst. Ein Bagger steht herum. Es herrscht Baustellenambiente. Das hat seinen Grund: Das Projekt Ligari steht für Baupfusch – im grossen Stil. Und für ganz viele Lebensentwürfe, die deshalb aus den Fugen geraten sind.
Schäden über Schäden
Im Haus von Julia Stollenmaier (45) und ihrem Lebenspartner Brice Renggli (40) trifft Blick auf drei der Paare, die in den letzten zwei Jahren in eines der Häuser gezogen sind. «Es ist der Horror, wir wissen nicht, wie es weitergehen soll», sagt Clémence Lance (34).
Lance wohnt mit ihrem Mann Bastien (33) und den beiden Kindern seit zwei Jahren in einer der Villen. Das Haus war gedacht als Nest für die Familie, stattdessen ist es ein geldverschlingendes Monster. «Das Dach war undicht, ständig dringt Wasser ein, auch durch die Fenster kommt Wasser herein», sagt Clémence Lance. Seit zwei Jahren versuchen sie und ihr Mann, die Schäden zu beseitigen. Zum Kaufpreis für das Haus sind inzwischen zusätzliche Kosten von fast über 250'000 Franken dazugekommen. Die junge Mutter sagt: «Wir sind verzweifelt.» Mehrere Gutachter haben massive Mängel am Haus festgestellt.
Die Geschichte von Julia Stollenmaier und Brice Renggli klingt identisch. Auch sie mussten schon ein neues Dach auf ihr Haus bauen lassen. «Ansonsten gab es so viele Mängel, ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll», erklärt Stollenmaier. Auch hier sind die Kosten explodiert. In ähnlichem Rahmen wie bei Familie Lance. «Ich musste mir bereits Geld von der Familie leihen, um alles bezahlen zu können», so Stollenmaier. Sie spricht von «schlaflosen Nächten und Depressionen».
Bei Diana Gerber (30) und ihrem Partner Mustafa Al-Sakini (36) fehlt auch zwei Jahre nach dem Einzug immer noch die Treppe zum Haupteingang des Hauses, ihr Heim müssen sie über die Garage betreten, wenn sie nicht durch Erde und Schlamm laufen wollen. Fenster sind mit Plastikplanen verhangen, müssen ausgetauscht werden. Auch die beiden sind finanziell angeschlagen, denn neben den zusätzlichen Reparaturkosten für das Haus droht weiteres Ungemach.
Die Firma Eleos Concept, die hinter dem Pfusch-Projekt steht, hat auch die Handwerker nicht bezahlt. Die Folge: Auf den Häusern liegt ein Pfandbrief. «Im schlimmsten Fall müssten wir Hausbesitzer auch noch für die Ausfälle der Handwerker aufkommen», sagt Diana Gerber. Der Bauschlamassel hat Auswirkung auf das Leben des jungen Paars. «Das Thema Kinder muss erst einmal warten, wir können uns Nachwuchs schlicht nicht mehr leisten», so Gerber.
«Projekt war ruinös»
Blick konfrontiert Josef Thoma (62), den Chef von Eleos Concept, mit den Vorwürfen. Thoma sieht sich in der Angelegenheit selbst als Opfer. Er sagt zu Blick: «Finanziell war das Projekt in Lignières für uns ruinös. Wir haben die Firma verloren und uns privat komplett verschuldet.»
Die Kalkulationen für die Häuser seien 2021 erstellt und die Verkäufe bis Dezember 2021 gemacht worden. Das Ganze zu Festpreisen. Thoma sagt: «Mit Kriegsausbruch in der Ukraine im Februar 2022 wurden die Preise für unsere Materialien eklatant erhöht. Wir mussten zum Teil für die aus Holz gebauten Häuser bei unserem Lieferanten den dreifachen Preis bezahlen.» Er habe deshalb Preiserhöhungen von bis zu 200'000 Franken pro Haus verkraften müssen, so Thoma.
Trotzdem habe er bis zuletzt versucht, die Häuser fertigzustellen. «Dazu haben wir uns privat im sechsstelligen Bereich verschuldet. Diese Schulden zahlen wir heute privat zurück.» Dass Lieferanten am Schluss nicht bezahlt worden seien, habe den einfachen Grund, dass die Liquidität ausgegangen sei. «Zudem haben sie teilweise sehr schlecht gearbeitet.»
Thoma sieht die Hausbesitzer in der Verantwortung. Er sagt: «Wir haben versucht, mit den Eigentümern Lösungen für die Mehrpreise zu finden. Auf diese wurde aber nicht eingegangen.» Stattdessen hätten einige der Eigentümer Anwälte eingeschaltet. «Sie haben es vorgezogen, die Kosten für einen Rechtsstreit auf sich zu nehmen, statt bei der Fertigstellung der Häuser eine Mithilfe zu leisten.» Ausserdem hätten die Eigentümer Rechnungen nicht bezahlt. «Wir sind mit offenen Forderungen gegenüber den Eigentümern von 400'000 Franken in Konkurs gegangen.»
Über diese Aussagen können die Eigentümer nur den Kopf schütteln. «Es ist sehr fragwürdig, ohne vorherige Absprache erhebliche Nachrechnungen zu stellen», sagt Bastien Lance.
Und Diana Gerber ergänzt: «Als wir das Haus gekauft haben, war der Krieg schon ausgebrochen. Herr Thoma sagte damals, dass es kein Problem gebe, da er bereits alle Materialien bestellt oder vorrätig habe.» Julia Stollenmaier ergänzt: «Wir haben den vereinbarten Kaufpreis für die Häuser bezahlt. Bekommen haben wir aber Pfusch und massive Mehrkosten.»
Die Hausbesitzer hoffen nun vor allem, dass der Albtraum irgendwann endet. Geld werden sie keines mehr sehen. Das Konkursverfahren ist abgeschlossen, zu holen gab es für die Hausbesitzer nichts.