In der neuen Wohnüberbauung Stockenhof in Regensdorf ZH ist immer noch keine Ruhe eingekehrt. Seit Herbst 2023 leben Mieterinnen und Mieter in ständiger Ungewissheit – und Angst. Denn das Wasser, das durch die Leitungen der Mietwohnungen fliesst, ist mit Legionellen verseucht. «Jedes Mal, wenn ich krank bin, frage ich mich: Sind es Legionellen?», sagt Claudia Müller* (27). Die Pflegefachfrau arbeitet in einem grossen Spital und weiss aus ersten Hand, was Legionellen anrichten können. Weil sie noch immer im Stockenhof wohnt, möchte sie anonym bleiben.
Seit Oktober 2023 ist die Siedlung bewohnt. Von Beginn weg läuft viel schief im Neubau, wie mehrere Bewohner gegenüber Blick berichten. Es geht dabei um zahlreiche Baumängel. Und darum, dass die Baumängel nicht oder schlecht behoben wurden. Müller und ihr Partner haben beispielsweise seit Einzug in einem Badezimmer kein funktionierendes Licht. «Wir haben den Mangel sofort gemeldet», sagt Müller. Doch das Licht funktioniert noch immer nicht.
Grosse Verunsicherung
Aber noch viel schlimmer ist das Legionellen-Problem, mit dem alle Anwohner der Überbauung seit Herbst 2023 konfrontiert sind. «Schon beim Einzug fielen mir als Erstes diese grossen, weissen Filter ins Auge, die an jedem Wasserhahn angebracht waren», sagte ein Bewohner im Februar zu Blick.
Seither sind über zwei Monate vergangen. Geändert hat sich nichts! Noch immer müssen überall Filter angebracht werden. Die Mitarbeiter einer auf solche Filter spezialisierten Firma tauscht diese alle zwei Monate aus. Doch die Fragen der Mieterinnen und Mieter können die Angestellten vor Ort nicht beantworten. «Die meisten sprechen nicht mal Deutsch», sagt Müller.
Die Verunsicherung der Anwohner ist gross. «Wir werden von der Verwaltung nicht informiert, was der aktuelle Stand der Dinge ist – wissen weder, ob die Wasserwerte inzwischen besser sind, noch wie lange wir die Filter noch brauchen», so die Pflegefachfrau. Sie kritisiert die schlechte Kommunikation der zuständigen Verwaltung – es handelt sich dabei um die Zürcher Pensionskasse BVK. Die BVK ist zugleich Vermieterin und Besitzerin der Immobilien. «Die aktuelle Situation ist für uns nicht haltbar», sagt Müller. «Ich habe das Gefühl, man hält uns einfach hin.»
Mieter wehren sich
Dass das Legionellen-Problem bei der Mieterschaft Ängste weckt, ist nachvollziehbar. Denn die Bakterien können grossen gesundheitlichen Schaden anrichten. Sie gelangen vor allem über die Atemwege in den menschlichen Organismus und können Grippe-ähnliche Symptome auslösen. Ein Legionellenbefall der Lunge kann zu schweren Lungenentzündungen führen.
Mitte Februar haben sich mehrere Mieterinnen und Mieter zusammengetan und gemeinsam ein Schreiben an die BVK verfasst. Blick liegt der Brief vor. Neben dem Legionellen-Problem beklagen sie darin mehrere Mängel und Missstände. Darunter auch, dass die Flure, Treppenhäuser und Garagen nicht oder unzureichend gereinigt werden.
Die BVK weist den Vorwurf, man halte die Anwohner hin, zurück: «Wir sind in regelmässigem Kontakt mit unserer Mieterschaft im Stockenhof und informieren über Massnahmen, Stand von Arbeiten und weitere Schritte», sagt Sprecher Christian Brütsch.
Verwaltung reduziert den Mietzins
Tatsächlich haben die Mieter letzte Woche ein Schreiben bekommen. Darin wird ihnen für die Monate Oktober bis Dezember 2023 eine Mietzinsreduktion zugesprochen. Die Verwaltung wird den Anwohnern 20 Prozent ihrer Oktober-Miete und jeweils 10 Prozent der November- und Dezember-Mieten zurückerstatten.
Müller findet die angebotene Entschädigung eine Frechheit. «Warum sollten wir nur von Oktober bis Dezember eine Mietzinsreduktion erhalten?», fragt sie sich. «Wir wohnen immer noch auf einer Baustelle, und das Legionellen-Problem ist auch nicht gelöst.»
Schlichtungsbehörde eingeschaltet
Was die Legionellen angeht, werden laut BVK verschiedene Massnahmen geprüft. «Die Abklärungen sind sehr zeitaufwendig», sagt Brütsch. Jede ins Labor geschickte Wasserprobe benötige zwei Wochen, bis ein Resultat vorliege. Sei das Resultat nicht befriedigend, beginne man mit der nächsten Massnahme. «Es ist sowohl für uns als auch die Mieterschaft eine Geduldsprobe», so Brütsch. Die Pensionskasse betont, dass das Wasser mit dem Einsatz der Filter aber bedenkenlos genutzt werden könne.
Müller und ihr Partner haben sich inzwischen von einer Anwältin des Mieterverbands beraten lassen. Auf ihr Anraten hin haben sie sich an die zuständige Schlichtungsbehörde gewandt. Nur so, glaubt Müller, werde die Verwaltung endlich reagieren. Die Verhandlung findet im Juli am Bezirksgericht Dielsdorf ZH statt.
* Name geändert
Stellen Mieterinnen und Mieter Mängel in ihrer Wohnung fest – ob in einem Neubau oder in einem laufenden Mietverhältnis – haben sie die Pflicht, diese zu melden. Achtung: Wer Mängel nicht meldet, kann für Folgeschäden verantwortlich gemacht werden. «Bei jeder Art von Mangel ist es deshalb wichtig, den Vermieter so bald wie möglich zu informieren, idealerweise mit eingeschriebenem Brief», sagt Fabian Gloor (38), Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz.
Wenn Baumängel, die den Gebrauch der Wohnung einschränken, nicht behoben werden, können Betroffene den Mietzins als Druckmittel bei der Schlichtungsbehörde hinterlegen. In diesem Fall wird der Mietzins auf ein von der kantonalen Behörde bestimmtes Konto überwiesen.
«Bei der Mietzinshinterlegung ist eine Reihe von Formalitäten einzuhalten», sagt Gloor. In einem ersten Schritt muss der Mieter dem Vermieter eine Frist zur Behebung des Mangels setzen. Dann muss er über die Hinterlegung informieren und das Geld auf das amtliche Konto einzahlen.
Zuletzt müssen Betroffene innert 30 Tagen ein Mietschlichtungsverfahren einleiten, sonst wird das hinterlegte Geld an den Vermieter ausbezahlt. Je nachdem, wie gravierend der Mangel ist, haben Betroffene zudem Anspruch auf eine Mietzinsreduktion.
Stellen Mieterinnen und Mieter Mängel in ihrer Wohnung fest – ob in einem Neubau oder in einem laufenden Mietverhältnis – haben sie die Pflicht, diese zu melden. Achtung: Wer Mängel nicht meldet, kann für Folgeschäden verantwortlich gemacht werden. «Bei jeder Art von Mangel ist es deshalb wichtig, den Vermieter so bald wie möglich zu informieren, idealerweise mit eingeschriebenem Brief», sagt Fabian Gloor (38), Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz.
Wenn Baumängel, die den Gebrauch der Wohnung einschränken, nicht behoben werden, können Betroffene den Mietzins als Druckmittel bei der Schlichtungsbehörde hinterlegen. In diesem Fall wird der Mietzins auf ein von der kantonalen Behörde bestimmtes Konto überwiesen.
«Bei der Mietzinshinterlegung ist eine Reihe von Formalitäten einzuhalten», sagt Gloor. In einem ersten Schritt muss der Mieter dem Vermieter eine Frist zur Behebung des Mangels setzen. Dann muss er über die Hinterlegung informieren und das Geld auf das amtliche Konto einzahlen.
Zuletzt müssen Betroffene innert 30 Tagen ein Mietschlichtungsverfahren einleiten, sonst wird das hinterlegte Geld an den Vermieter ausbezahlt. Je nachdem, wie gravierend der Mangel ist, haben Betroffene zudem Anspruch auf eine Mietzinsreduktion.