Die Auswirkungen der Corona-Krise nagen an der menschlichen Psyche. Das zeigt sich unter anderem daran, dass seit Pandemiebeginn mehr Menschen wegen sogenanntem Bruxismus in Behandlung sind. Der Fachausdruck steht für das Aufeinanderpressen der Zähne. Hauptursache für das Zähneknirschen – häufig im Schlaf, aber auch unbewusst tagsüber – ist emotionaler Stress.
Marco Tackenberg, Sprecher der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft, sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Im Zuge der Covid-19-Pandemie lassen sich vermehrt Patienten wegen unbewussten Knirschens oder Aufeinanderpressens der Zähne behandeln.»
Über ein Drittel mehr Kiefertherapien
In den Schweizer Zahnarzt- und Physiotherapiepraxen führt das Kiefermalmen zu einem regelrechten Behandlungsboom. Auch Jens Christoph Türp vom Universitären Zentrum für Zahnmedizin Basel (UZB) stellt fest: «Seit Frühling 2020 ist eine Zunahme von Bruxismus-Betroffenen spürbar.». Es würden mehr orale Schienen angefertigt und mehr Physiotherapieverordnungen ausgestellt.
In den Filialen der Kette Physiozentrum haben die Kiefertherapien dem Bericht zufolge um über einen Drittel zugenommen. Martina Landolt, CEO von Physiozentrum: «Einzelne Kieferspezialistinnen bei uns therapieren tatsächlich fast nur noch solche Patientinnen und Patienten.» In der Regel würden 9 Sitzungen zu je 25 Minuten reichen, sagt Landolt. «Wenn die Pandemie und der Stress mal vorbei sind, dann hört der psychisch bedingte Druck auf den Kiefer meist auch von allein auf.»
Patienten müssen Schiene selber zahlen
Die Kosten für die Physiotherapie werden im Falle einer ärztlichen Verordnung von der Grundversicherung übernommen. Anders sieht es aus bei der Anfertigung einer Kieferschiene durch den Zahnarzt. Diese muss der Patient in aller Regel selber bezahlen.
Mit einer Kieferschiene werden die Zähne vor Abrieb geschützt und die Muskel- und Gelenkfunktionen des Kiefers entlastet. Gemäss Zahnärzte-Gesellschaft sind zur Herstellung vier Sitzungen nötig. So komme man auf einen Betrag von 1300 Franken. Von der Grundversicherung wird das nur in Ausnahmefällen übernommen, wenn die Störung in einem kausalen Zusammenhang mit einer Erkrankung des Kausystems oder einer schweren Allgemeinerkrankung steht. (noo)