Offene Restaurants, Fitnessstudios und Geschäfte: Nach Monaten hat die Schweiz die Corona-Massnahmen gelockert. Davon können die Deutschen im Moment nur träumen.
Statt Lockerungen wurde eine bundesweite Corona-Notbremse eingeführt. Dazu gehört zum Beispiel eine Ausgangssperre zwischen 22 und 5 Uhr. Gemütlich im Café sitzen? Undenkbar! Zumindest in Deutschland. Nicht aber in der Schweiz. Und so locken die Corona-Freiheiten ennet der Grenze. Aber dürfen Deutsche einfach so ein- und wieder ausreisen?
Hinein schon – hinaus allerdings nur bedingt. In die Schweiz kommen die Deutschen ohne Probleme. «Die Einreise in die Schweiz aus dem Schengen-Raum, und damit aus Deutschland, ist nicht eingeschränkt», sagt Lukas Rieder vom Amt für Migration zu Blick.
Und das macht sich auch an der Grenze bemerkbar. «Tagsüber beobachten wir an der Grenze zu Deutschland eine leichte Tendenz zu etwas mehr Verkehr, wobei wir aber keine Angaben zur Nationalität der Reisenden machen können», so Tabea Rüdin von der Eidgenössischen Zollverwaltung.
Deutsche müssen nach Schweiz-Aufenthalt in Quarantäne
Anders sieht es da schon für die Deutschen aus, wenn sie zurück in ihre Heimat wollen. Denn die Schweiz gilt als Risikogebiet. Bedeutet: Wer ohne triftigen Grund in der Schweiz war, muss danach in Deutschland in Quarantäne – und zwar für zehn Tage. Mit einem negativen Test kann die Dauer auf fünf Tage verkürzt werden.
Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen. So müssen zum Beispiel vollständig Geimpfte nicht mehr in Quarantäne. Aber auch sonst dürfen Deutsche «aufgrund des Besuchs von Verwandten ersten Grades, des nicht dem gleichen Hausstand angehörigen Ehegatten oder Lebensgefährten oder eines geteilten Sorgerechts oder eines Umgangsrechts» für 72 Stunden in die Schweiz, erklärt Florian Mader vom Ministerium für Soziales und Integration in Baden-Württemberg.
Jugendliche schleichen sich nachts über die Grenze
Wer keinen Partner oder einen Verwandten in der Schweiz hat, kann trotzdem in die Schweiz kommen, ohne danach in Quarantäne zu müssen. Und zwar dank der Freunde-Regelung. Für 24 Stunden dürfen Deutsche, die in der Nähe zur Grenze wohnen, einen Freund in der Schweiz besuchen.
Und genau das machen sich zum Beispiel Jugendliche bei Bad Säckingen (D) zunutze. «Darum gehen wir nachts, wenn die Ausgangssperre gilt, in die Schweiz rüber», sagt ein Teenie zu TeleM1. Nach dem Besuch bei Freunden würden sie sich dann in der Nacht über die Grenze schleichen. Damit riskieren sie eine Busse von umgerechnet 27'000 Franken.
Es drohen Bussen von bis zu 3300 Franken
Einfach so über die Grenze, um danach auf einer Schweizer Restaurantterrasse ein Bier zu geniessen, ist aber ohne anschliessende Quarantäne nicht drin. Auch ein Besuch im Fitnessstudio nicht. Es sei denn, man verbindet den Beiz-Besuch mit einem Familien- oder Freundetreffen.
Wer ohne jeglichen Grund in der Schweiz war und dabei erwischt wird, muss nicht nur in Quarantäne. Der Ausflug kann auch schnell teuer werden. Wer in einem Risikogebiet war und sich nicht in Quarantäne begibt, dem drohen umgerechnet Bussen von bis zu 3300 Franken.
Entsprechende Kontrollen werden entlang der Grenze stichprobenartig durchgeführt.
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Ohnehin rät der deutsche Ministeriumssprecher von vermeidbaren Schweiz-Besuchen ab. Florian Mader zu Blick: «Die Lage ist nach wie vor sehr ernst, die Zahlen der Neuinfektionen steigen noch immer. Wichtig ist deshalb, dass wir uns jetzt alle konsequent an die Massnahmen halten, um die Zahlen der Neuansteckungen zu senken, die Infektionswelle schnell und konsequent zu brechen und damit die hohe Auslastung der Intensivstationen in den Kliniken zu senken.»
Unterschiedliche Corona-Strategie, fast gleiche Zahlen
Trotz unterschiedlicher Corona-Strategien stehen die Schweiz und Deutschland fast gleich schlecht da. Während unsere 7-Tage-Inzidenz bei 163 liegt, verzeichnet das Robert Koch-Institut in Deutschland eine Inzidenz von 168. Dabei gelten in Deutschland seit November verschärfte Massnahmen. Doch die Zahlen sinken kaum.
Die Schweiz fuhr bislang eine andere Taktik. Mehr Freiheiten wurden gewährt als im Nachbarland. Zum Beispiel in Sachen Wintersport. Die Schweizer mussten diesen Winter wegen Corona auf vieles verzichten. Doch die Skination konnte sich auf den Pisten austoben. Bergbahnen und Hotellerie haben weniger gelitten als die Konkurrenz im Ausland.
Trotz Alleingang ist die Pandemielage in der Schweiz nicht gravierend schlechter als in den Nachbarländern. Kein Wunder also, dass die «Bild»-Zeitung erst vor wenigen Wochen titelte: «Was die Schweizer besser machen als wir.» Nach den Lockerungen stellte der Bundesrat seinen 3-Phasen-Plan vor, während die Deutschen dichtmachen.