Das sind die Reaktionen auf die Lockerungen
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Universitätsspital Zürich besorgt wegen Corona-Lockerungen
«Heute Morgen hatten wir nur noch ein freies Intensivbett»

Die Zahl der täglichen Corona-Neuinfektionen nimmt wieder zu. Die Verantwortlichen an den Schweizer Spitälern sehen den vom Bundesrat verkündeten Lockerungen deshalb mit Sorge entgegen.
Publiziert: 15.04.2021 um 16:53 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2021 um 15:42 Uhr
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Peter Steiger (54), stellvertretender Institutsleiter Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich: «Die Lage auf den Intensivstationen ist ernst.»
Foto: Zvg
Georg Nopper

Die Zahl der Einweisungen von Covid-Patienten in die Intensivstationen der Schweizer Spitäler steigt wieder. Die Patienten werden immer jünger. Trotz des Anstiegs der Neuinfektionen hat der Bundesrat am Mittwoch mehrere Lockerungen der Corona-Massnahmen bekanntgegeben. Unter anderem darf man ab Montag wieder in Gartenbeizen ein Bier geniessen, ins Kino oder ins Fitness.

An der Corona-Front auf den Intensivstationen der Schweizer Spitäler wird diese Entwicklung mit Sorge beobachtet. Peter Steiger (54), stellvertretender Institutsleiter Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich, sagt zu Blick: «Die Lage auf den Intensivstationen ist ernst. Heute Morgen hatten wir nur noch ein freies Intensivbett.»

Kopfschütteln über Öffnung der Fitnesscenter

Steiger zeigt zwar ein gewisses Verständnis dafür, dass die Corona-Massnahmen «angesichts des öffentlichen Drucks» teilweise gelockert werden. «Es ist jedoch dringendst notwendig, dass sich jeder an die Hygienemassnahmen hält.» Bei Aktivitäten im Freien sehe er weniger ein Problem, sagt Steiger zum Blick. «Was ich persönlich nicht verstehe, ist, dass auch Fitnesscenter öffnen dürfen. Bei Aktivitäten in geschlossenen Räumen wie Sport oder Singen, wo man tief und stark atmen muss, steigt die Gefahr einer Übertragung.»

Für den Intensivmediziner ist klar: Die dritte Welle ist da. Dass die Covid-Patienten auf der Intensivstation immer jünger werden, stimmt ihn nachdenklich: «Ein Viertel der Covid-Patienten, die bei uns in dieser dritten Welle auf die Intensivstation kommen, sind unter 50», sagt Steiger. «Grob eingeteilt kann man sagen, dass ein Drittel unter 60, ein Drittel zwischen 60 und 69 und ein Drittel der Covid-Intensivpatienten über 70 sind.»

Landesweit 71,6 Prozent der Intensivbetten belegt

Das Zürcher Unispital hat sechs Intensivstationen. «Angesichts der dritten Welle mussten wir eine der Intensivstationen schon wieder zu einer reinen Covid-Station umbauen», sagt Steiger. Derzeit würden bei ihm 17 Covid-Patienten behandelt. Das sei rund ein Viertel der Gesamtzahl der Intensivpatienten.

Laut der Statistik des Bundes sind die Intensivbetten landesweit zu 71,6 Prozent ausgelastet. Insgesamt werden Stand Mittwoch 221 Covid-Patienten auf Schweizer Intensivstationen behandelt. Dies macht 24,3 Prozent der Gesamtkapazität aus. Gesamtschweizerisch sind 259 von total 911 Intensivbetten frei.

Wie werden sich Impfkampagne und Wetter auswirken?

Auch im Berner Inselspital werden in letzter Zeit mehr Corona-Patienten behandelt. Allerdings ist dies in der Intensivmedizin noch nicht spürbar, wie Sprecherin Petra Ming (31) erklärt: «Die Auslastung der Intensivstationen mit Covid-Patienten ist in den letzten Wochen etwas zurückgegangen. Gesamthaft haben aber die Hospitalisationen von Covid-Patienten in den letzten drei Wochen wieder eher zugenommen.» Erfahrungsgemäss werde das zeitlich verzögert auch auf der Intensivstation wieder der Fall sein.

Die alarmierende Tendenz mit den zunehmend jüngeren Covid-Patienten wird laut Ming auch in Bern festgestellt. «Im Schnitt sind die Patienten jünger als in den vorherigen Phasen», sagt die Sprecherin. Wie sich die Auslastung der Intensivmedizin angesichts der Öffnungen letztendlich tatsächlich entwickeln werde, bleibe abzuwarten. Denn: «Auf der anderen Seite steigt die Zahl der Geimpften in der Bevölkerung langsam an», sagt Ming. «Auch das Wetter wird wärmer und wir können uns mehr in Aussenräumen bewegen.»

«Es ist nicht sehr vernünftig, mit dem Feuer zu spielen»

Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) ist angesichts der gesamtschweizerisch steigenden Anzahl an Covid-Intensivpatienten alarmiert: «Seit einigen Tagen steigt die Zahl kritisch kranker Covid-19-Patientinnen und -Patienten auf den Intensivstationen der Schweiz an», heisst es in einer Stellungnahme.

«Die Intensivstationen, die in den vergangenen Wochen und Monaten anhaltend stark beansprucht waren, einerseits durch Covid-19-Patientinnen und-Patienten mit langem Intensivpflegebedarf, andererseits durch vorübergehend verschobene Eingriffe und Behandlungen, sind nun noch stärker gefordert», schreibt die SGI weiter.

Der ehemalige Präsident der SGI, Thierry Fumeaux, schiesst scharf gegen die Entscheidungsträger in Bern. «Der Bundesrat gibt zu, dass er ein Risiko einging ... war das wirklich nötig?», schreibt der Westschweizer Arzt auf Twitter. «Es ist nicht sehr vernünftig, mit dem Feuer zu spielen.»

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