Trotz früherem Skandal um Preisabsprachen
Ex-Regierungsrat Cavigelli will Firma mit Baukartell-Verstrickung präsidieren

Nach dem Ende seiner Amtszeit als Baudirektor betätigt sich Mario Cavigelli als Verwaltungsrat. Er will Präsident eines Unternehmens werden, dessen Eigentümer an Preisabsprachen beteiligt waren.
Publiziert: 03.03.2024 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 03.03.2024 um 06:19 Uhr
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Der Bündner Ex-Baudirektor Mario Cavigelli betätigt sich in Verwaltungsräten.
Foto: Keystone
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Andreas SchmidInlandredaktor

Wie wenn er sich bei der Bewältigung der jahrelangen Preisabsprachen im Bündner Baugewerbe nicht die Zähne ausgebissen hätte. Wie wenn das Unterengadiner Baukartell nicht den ganzen Kanton Graubünden schweizweit in Verruf gebracht hätte. Wie wenn er nicht Stunden und Tage mit den Folgen der Machenschaften verbracht hätte. Der ehemalige Bündner Baudirektor Mario Cavigelli (58, Mitte) will eineinhalb Jahre nach dem Ende seiner Amtszeit Verwaltungsratspräsident einer Firma werden, die Produkte für den Strassenbau herstellt. Catram heisst das Unternehmen, im Juni soll Cavigelli gewählt werden.

Ein Blick auf die Beteiligungsverhältnisse bei der Catram macht Cavigellis Plan noch verwegener: Die Gesellschaft gehört mehreren Firmen, die im Bündner Baukartell mitgewirkt hatten und an den Preisabsprachen beteiligt gewesen waren.

Nachdem die «Südostschweiz» im vergangenen Herbst publik gemacht hatte, dass der Ex-Baudirektor Verwaltungsratspräsident der Catram werden soll, übte vor allem die SVP Kritik. Ihre Initiative «Schluss mit goldenen Fallschirmen für Regierungsräte» erhielt einigen Aufwind – sie fordert die Abschaffung des lebenslangen Ruhegehalts für ehemalige Regierungsmitglieder. Im Kantonsparlament, dem Grossen Rat, kam Cavigellis Rollenwechsel zur Sprache.

Dokumente legen Kartellabsprachen bei RhB-Bauprojekten nahe

Trotzdem scheine dessen Wahl bei der Catram «geritzt», sagen interne Quellen, was auch Kritik aus der SP provoziert. «Es fehlt an Fingerspitzengefühl», sagt Kantonalparteipräsidentin Julia Müller. Dabei habe sich Graubünden in den vergangenen Jahren mit den Preisabsprachen einen schlechten Ruf eingehandelt. Es müsse erneut diskutiert werden, dass ehemalige Regierungsräte erst nach einer Wartefrist in Verwaltungsräte wechseln dürften. Eine solche Regel gibt es im Kanton bis anhin nicht. 

Cavigelli wollte Fragen zu seinem Rollenwechsel nicht beantworten, und auch der derzeitige Catram-Verwaltungsratspräsident Hans Geisseler verzichtete auf eine Stellungnahme.

Sollte der Ex-Baudirektor im Juni wie vorgesehen ins neue Amt gewählt werden, ergibt sich eine zusätzlich brisante Konstellation: Cavigelli wurde nämlich letzten Sommer, wenige Monate nach dem Abgang aus der Regierung, auch Verwaltungsratspräsident der Rhätischen Bahn (RhB). Und die RhB wurde mutmasslich durch Preisabsprachen des Baukartells geschädigt; also auch durch Firmen, die an der Catram beteiligt sind. Jedenfalls liegen Blick Dokumente vor, die Kartellabsprachen bei RhB-Bauprojekten nahelegen.

Nach dem Publikwerden des Bauskandals belangte die Wettbwerbskommission (Weko) wegen der Machenschaften mehrere Unternehmen mit Millionenbussen, im Kanton arbeitete eine parlamentarische Untersuchungskommission die Vorkommnisse auf. Cavigelli selbst überzeugte 15 Firmen, die an den Preisabsprachen beteiligt gewesen waren, mit dem Kanton Graubünden Vergleichsvereinbarungen abzuschliessen. 2019 und 2020 verpflichteten sich die Unternehmen, als Entschädigung gesamthaft rund neun Millionen Franken zu zahlen.

Aufträge gegen wirtschaftlich günstiges Angebot

Einige der beschuldigten Unternehmen waren aber nicht zu einem Vergleich bereit, weil sie eine Beteiligung an den Preisabsprachen stets bestritten. Diese würden von öffentlichen Vergaben des Kantons ausgeschlossen, kündigte Cavigelli damals an.Das konnte jedoch bisher nicht umgesetzt werden. 

So erhielt etwa die Kibag vom Kanton weiter neue Bauprojekte zugesprochen. Sie bekam die Aufträge, sofern sie das wirtschaftlich günstigste Angebot eingereicht hatte, heisst es beim Departement von Cavigellis Nachfolgerin Carmelia Maissen (46, Mitte). Dass sich die Kibag überhaupt noch um Aufträge bewerben konnte, liegt daran, dass sie den von der Regierung verhängten mehrjährigen Ausschluss beim Verwaltungsgericht angefochten hatte. Die Beschwerde erhielt dort aufschiebende Wirkung. Auch eine regionale Unterengadiner Firma baut nach wie vor für den Kanton, ohne gezahlt zu haben. Die beschaffungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss von Vergaben waren laut dem zuständigen Departement nicht gegeben. 

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