Für Ernst Büchi (80) sind es schwere Zeiten. Nach 53 Jahren Ehe wird seine Ehefrau (83) ins Pflegeheim gebracht. Der gebürtige Luzerner muss eine neue, günstigere Bleibe finden. Als ihm ein Apartment in Losone TI angeboten wird, greift er zu. Zweieinhalb Zimmer auf 47 Quadratmetern für 1080 Franken im Monat, inklusive Nebenkosten. Die Wohnung ist zudem ganz in der Nähe der Seniorenresidenz, wo seine Frau gepflegt wird. Das passt. Ernst Büchi bezieht die kleine Erdgeschosswohnung am 1. Februar 2023.
Dass sein neues Zuhause alles andere als ein Glücksgriff ist, merkt der Pensionär zwei Monate später. «Als ich einzog, war die Wohnung frisch gestrichen. Dann aber wurden die Wände vom Boden her feucht», sagt der ehemalige Restaurant-Wirt zu Blick. «Es bildeten sich dunkle bis schwarze Flecken und der Putz fiel von der Wand.» Stromleitungen und Internetanschluss waren von der Feuchtigkeit betroffen. Beim Einstecken des Kabels sprühten Funken aus der Steckdose.
Die Wohnung ist gesundheitsschädlich
«Ich begann zu husten, hatte Mühe mit dem Atmen und ein Würgegefühl im Hals», erzählt Büchi weiter. Im Juni geht der Rentner zu seinem Arzt. «Er hat mir gesagt, ich solle unverzüglich ausziehen. Der Schimmelpilz würde meine Gesundheit gefährden.»
Ernst Büchi zeigt die Schäden dem Wohnungseigentümer. Der aber unternimmt nichts. «Er sagte mir, ich könne ja ausziehen», erinnert sich der gelernte Koch. Als Blick anfragt, will der Hauseigentümer zur Schimmel-Wohnung keine Stellung beziehen. Seine lapidare Antwort: So etwas würde doch bei Hunderttausend Wohnungen vorkommen.
Gutachter sagt: Situation ist nicht akzeptabel
Büchi benachrichtigt die Gemeinde. Ein Mitarbeiter des technischen Büros schaut sich den Schimmel vor Ort an. Der Gutachter stellt fest: «Im Hinblick auf Gesundheit und Hygiene ist die Situation nicht akzeptabel.» Ernst Büchi muss eine neue Bleibe suchen. Er findet eine kleine Wohnung in Ascona. Doch die kann der Rentner erst vier Wochen später beziehen.
Solange kann Ernst Büchi nicht warten. Ende Juni wird die Lage so akut, dass Büchi die Wohnung verlassen muss – nur wohin? Der Luzerner hat weder Kinder noch Freunde, bei denen er vorübergehend unterkommen kann.
Ende Juni waren alle günstigen Hotels ausgebucht
Eine Nachbarin kümmert sich schliesslich. «Es war Ende Juni. In Ascona fand grad das New Orleans Jazz Festival statt. Alle Hotels waren ausgebucht. Nur noch das Albergo Losone hatte ein Zimmer frei», sagt Cornelia Guidetti (49). Das aber hat freilich seinen Preis.
Bis zum Einzug in die neue Wohnung bleibt Büchi im Viersternehotel. Die Rechnung am Ende: 7000 Franken! «Das kann ich nicht bezahlen», sagt Ernst Büchi erschrocken, «unmöglich». Der Eigentümer der Schimmelwohnung will die Hotelkosten nicht übernehmen. Beim Treffen vor dem Friedensrichter am 19. Juli erscheint dieser erst gar nicht. Nun droht Ernst Büchi, auf der Rechnung sitzenzubleiben. «Ich habe nur eine kleine Rente. Wie soll ich so viel Geld aufbringen?», fragt Ernst Büchi verzweifelt.