Sollte die Impfbereitschaft der Schweizer Bevölkerung in den kommenden Wochen nicht drastisch ansteigen, droht unserem Land eine starke vierte Corona-Welle. Die Impfquote in der Schweiz sei derzeit um «einiges» zu tief, um einen erneuten Anstieg der Fallzahlen zu verhindern, warnt Epidemiologe und Taskforce-Mitglied Richard Neher (41) im Interview mit der «Sonntags-Zeitung».
Der Druck auf die Spitäler werde erneut zunehmen, sagt Neher. Dann bestehe die Gefahr, dass das Gesundheitssystem an die Grenzen komme.
In Regionen mit ähnlich tiefen Impfquoten wie der Schweiz könne man das bereits jetzt beobachten, so Taskforce-Mitglied Neher. Im US-Bundesstaat Texas etwa steigen die Fallzahlen seit Wochen stark an, Spitäler müssen nicht-notwendige Eingriffe verschieben. Dieses Szenario drohe auch der Schweiz, wenn der Anteil Ungeimpfter über 50 Jahren nicht schnellstmöglich sinke.
Ausweitung der Zertifikatspflicht vorstellbar
Von Seiten der Politik fordert der Epidemiologe nun rasche Massnahmen. Auch die Jugendlichen müssten ins Visier genommen werden. Eine höhere Impfquote unter den Jungen würde helfen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.
Auch eine Ausweitung der Zertifikatspflicht kann sich Neher vorstellen. Geimpfte, Getestete und Genesene würden Übertragungen auch an kleineren Veranstaltungen stark reduzieren. «Eine erweiterte Zertifikatspflicht könnte helfen, die sich aufbauende Welle abzuflachen», so Neher. Zudem würden sich dadurch wohl auch manche Unentschlossene impfen lassen.
Die Impfkampagne des Bundes geriet zuletzt ins Stocken. Nachdem der Bundesrat am Mittwoch ankündigte, dass Corona-Tests ab Oktober kostenpflichtig sind, stieg die Nachfrage allerdings an. Vor einigen Impfzentren bildeten sich bereits Schlangen. (zis)