Polizisten, die organisiert Befehle verweigern. Das gab es in der Schweiz wohl noch nie. Bis diesen Sommer der Verein «Wir für Euch» an die Öffentlichkeit trat. Die Mitglieder kritisieren die Corona-Massnahmen des Bundes. Sagen, nicht mehr für die Einhaltung der Gesetze sorgen zu wollen.
Nun solidarisiert sich Andrea Geissbühler (45) als erste nationale Politikerin mit dem Verein. «Ich finde es sehr bedenklich, dass die Regierung gegen Gesetz und Verfassung verstösst», sagt die SVP-Nationalrätin in einer Videobotschaft auf der Webseite des Vereins.
Vor dem Gesetz sei jeder gleich, und niemand dürfe diskriminiert werden, sagt die ehemalige Polizistin. Heute aber sei es so, dass «Gesunde diskriminiert werden, wenn sie kein 3G haben, da sie vom sozialen Leben ausgeschlossen werden». Zudem würde gesunden Menschen gekündigt, weil sie sich nicht impfen lassen wollten. «Die Regierung spaltet auf diese Weise Gesellschaften, reisst Familien auseinander und trennt Freundschaften», sagt die Bernerin weiter. Sie empfindet dies als «völlig unnötigen Kampf». Man würde besser zusammenstehen und gemeinsam gegen Corona vorgehen. Ihre Forderung kommt ganz zum Ende: «Wir müssen dringend mit 3G aufhören!»
Bei der Berner Polizei, wo Geissbühler um das Jahr 2006 arbeitete, kommen die Aussagen der ehemaligen Mitarbeiterin gar nicht gut an. Auf dem Twitter-Account der Polizei heisst es: «Frau Geissbühler arbeitet seit mehreren Jahren nicht mehr bei uns. Abgesehen davon halten wir fest, dass Auftreten und Wesen der fraglichen Vereinigung nicht den Werten der Kantonspolizei Bern entsprechen.»
«Wir suchten nach Antworten»
Geissbühler ist nicht die einzige prominente Unterstützerin des Vereins. Auch der ehemalige leitende Zürcher Staatsanwalt Jürg Vollenweider, die Berner Stadträtin Simone Machado (52) und Milieu-Anwalt Valentin Landmann (71) solidarisieren sich mit dem Verein.
Rückblende: Kurz nach dem Lockdown, im Frühling 2020, wenden sich die ersten Polizisten an das BAG und einzelne Parlamentarier. «Wir verstanden nicht, was hier passiert, und suchten nach Antworten», sagte einer der Beteiligten der «NZZ am Sonntag». Sie hätten nie einen Auftrag verweigert und kein Ungehorsam verübt. Trotzdem habe man «einen gewissen Spielraum» als Beamter, sagt einer der Beteiligten. Doch dieser sei immer enger geworden. Auch Gespräche mit den Chefs seien ergebnislos geblieben.
Der Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) kritisierte die Bewegung «Wir für Euch» von Anfang an. «Viele Kolleginnen und Kollegen verurteilen dieses Vorgehen aufs Schärfste und stören sich stark daran. Sollten diese Leute wirklich Polizistinnen und Polizisten sein, kann man sie nicht als Kollegen betrachten», schrieb der VSPB im Oktober auf eine Anfrage von Blick.
Drei Polizisten verloren ihren Job
Bei «Wir für Euch» trafen Polizisten wie der Zitierte auf Gleichgesinnte. Es gab Handlungsempfehlungen für die Polizisten. Im Sommer sorgte der Verein mit einem Video für Aufsehen, das eine Gruppe Polizisten mit den massnahmenskeptischen Helvetia-Trychlern zeigt.
Drei der Polizisten verloren seither ihren Job. Zwei arbeiteten bei der Zürcher Kantonspolizei, einer in St. Gallen. Sie hätten «gegen die Werte der Kantonspolizei und das Gelübde, das jede Polizistin und jeder Polizist vor dem Eintritt ins Korps leistet, verstossen, und das Vertrauen der Bevölkerung in die Arbeit und Redlichkeit der Kantonspolizei untergraben», teilt die Zürcher Kantonspolizei mit.
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