«Wir haben uns dem demokratischen Rechtsstaat verpflichtet.» Mit diesen Worten werden Schweizer Polizistinnen und Polizisten seit einigen Tagen auf einer neuen Website empfangen. Die Macher der Gruppe bezeichnen sich als «Vereinigung von Polizistinnen und Polizisten aus allen Kantonen der Schweiz.» Unter dem Titel «Wir für euch» wolle man eine Plattform zum Austausch bieten – «ohne Angst vor Ausgrenzung und Konsequenzen».
Die Gründer der Gruppe äussern harsche Kritik an den Corona-Massnahmen des Bundes. «Die Grundrechtseinschränkungen in diesem Ausmass und über den bisherigen Zeitraum sehen wir im Widerspruch zur Verhältnismässigkeit und dem höchsten Gut einer Demokratie: Der Freiheit», heisst es auf der Website.
Gruppe droht mit Massnahmen-Verweigerung
In einem Brief an den Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) warnen die Vertreter auch davor, dass künftig Polizisten die Umsetzung der Massnahmen verweigern könnten, wie «20 Minuten» schreibt. So seien «viele Polizisten nicht mehr gewillt», die Massnahmen umzusetzen, wenn diese «den Interessen der mündigen Allgemeinheit» zuwiderlaufen und Grundrechte unverhältnismässig beschnitten würden. Es seien nur Massnahmen tragbar, die «nachvollziehbar verhältnismässig» seien.
Bei Massnahmekritikern auf Telegram kommt die Drohung von «Wir für uns» gut an. Der Brief wird in einschlägigen Gruppen fleissig geteilt und mit viel Applaus begleitet.
Polizei-Verband distanziert sich
Gegenüber «20 Minuten» sagt der Verband Schweizerischer Polizeibeamter, man distanziere sich von den «Drohungen der Befehlsverweigerung.» Ausserdem sei nicht ganz klar, ob die Gruppe auch tatsächlich von Polizisten gegründet worden sei. Wenn überhaupt, repräsentiere «Wir für euch» aber nur eine Minderheit der rund 26'500 Mitglieder.
Polizistinnen und Polizisten seien Bürger des Landes und dürften eigene Meinungen haben. Allerdings seien sie auch ihrem Arbeitgeber verpflichtet. «Ein ordentlicher Dienstbetrieb muss jederzeit gewährleistet sein», so der Verband weiter.
«Personalrechtliche Konsequenzen»
Die Polizei habe primär geltendes Recht durchzusetzen, sagt auch die Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten. Das gelte auch für die einzelnen Beamten. Dies erfolge «unabhängig von der politischen Gesinnung jeder und jedes Einzelnen».
Weigere sich eine Polizistin oder ein Polizist, geltendes Recht durchzusetzen, mache man sich strafbar und müsse mit «personalrechtlichen Konsequenzen» rechnen.