Es wird auch Victim Blaming genannt: Das Phänomen, dass Opfern von Übergriffen eine Mitschuld an der Tat in die Schuhe geschoben wird. Besonders häufig sind Frauen davon betroffen – gerade im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt.
Genau das geschah vor kurzem auch am Basler Appellationsgericht, als die Gerichtspräsidentin bei der Urteilsverkündung in einem Vergewaltigungsfall, der sich 2020 in Basel ereignet hatte, von Signalen sprach, die das Opfer vor dem Übergriff gegenüber Männern ausgesendet, es mit dem Feuer gespielt habe. Worte, die nicht nur für die betroffene Frau ein Schlag ins Gesicht sein dürften, sondern für alle Opfer von sexueller Belästigung und Gewalt.
Denn auch ohne solche Bemerkungen macht es Menschen, die sexualisierte Gewalt erleben, häufig Mühe, darüber zu reden – geschweige denn, die Tat zur Anzeige zu bringen. Auch, weil ihnen oft nicht geglaubt wird.
Umso verheerender sind die Signale, die das Gericht nun an Betroffene aussendet. Es darf aber nicht sein, dass sie sich dadurch nun noch stärker entmutigen lassen, für ihre Rechte zu kämpfen.
Denn Tatsache ist: Ein Opfer trägt nie Mitschuld, wenn es belästigt oder gar vergewaltigt wird.
Keine Blicke oder Bewegungen, keine Äusserlichkeiten, keine Stille und auch keine zuvor gegebenen Versprechungen: Nichts gibt einem Menschen das Recht, einen anderen anzufassen, wenn dieser das nicht möchte.