Wegen Vergewaltigungs-Urteil
Jetzt schiessen Feministinnen gegen Basler Richterin

Das Basler Appellationsgericht hat einem Vergewaltigungsopfer eine Mitschuld angelastet und die Strafe für den Täter fast halbiert. Nun wird im Internet für eine Kundgebung am Sonntag mobilisiert.
Publiziert: 06.08.2021 um 14:51 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2021 um 16:11 Uhr
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Nach Vergewaltigung in Basel verurteilt: João P. (32).
Foto: Zvg

Der Sturm der Entrüstung reisst nicht ab. Nach einem Urteil des Basler Appellationsgerichts in einem aufsehenerregenden Vergewaltigungsfall wird im Internet zu einer Demonstration vor dem Gerichtsgebäude aufgerufen. Der Grund: Das Appellationsgericht verkürzte die Gefängnisstrafe für den Hauptbeschuldigten João P.* (32) von 51 auf 36 Monate. Die Strafmilderung wurde zudem damit begründet, dass der Übergriff kürzer als zunächst vermutet gedauert habe und dem Opfer ein Teil der Verantwortung für die Tat zuzuschreiben sei.

Die Organisation Feministischer Streik Basel veröffentlichte den Demonstrationsaufruf auf ihrer Facebook-Seite, betont jedoch, selbst nicht für die Organisation zuständig zu sein. Den Angaben zufolge soll die Kundgebung am 8. August um 14 Uhr vor dem Appellationsgericht Basel an der Bäumleingasse 1 stattfinden. Die Polizei Basel-Stadt hat laut einem Bericht von «20 Minuten» Kenntnis vom Aufruf. Ein Antrag für eine Bewilligung sei bisher nicht eingegangen.

«In jedem Fall eine extrem erniedrigende Erfahrung»

Auf der Homepage von Feministischer Streik Basel wird das Urteil des Appellationsgerichts vom 30. Juli scharf kritisiert. Insbesondere erachtet es die Organisation als falsch, dass dem Opfer in der Begründung eine Mitverantwortung für die Tat anzulasten. Zudem will sie das Argument, der Übergriff habe relativ kurz gedauert, nicht gelten lassen. «Ob eine Vergewaltigung nun 11 Minuten oder mehrere Stunden andauert: In jedem Fall ist es eine extrem erniedrigende, gewaltvolle und schmerzhafte Erfahrung, die in den meisten Fällen schwerwiegende psychische und physische Schäden hinterlässt», schreibt die Organisation.

Feministischer Streik Basel fordert eine selbstkritische Aufarbeitung des Urteils, die Schulung mit Expertinnen und Experten und den Rücktritt von Gerichtspräsidentin Liselotte Henz.

So argumentierte das Gericht

Das Opfer – eine 33-jährige Frau aus Basel – habe unter anderem auf die Männer «Signale ausgesendet», weil sie zuvor mit einem anderen Mann auf der Club-Toilette verschwunden war. Das würde das Vergehen «relativieren», hiess es in der Urteilsbegründung, über welche «BZ Basel» berichtete. «Man muss feststellen, dass sie mit dem Feuer spielt», zitierte die Zeitung Gerichtspräsidentin Henz.

Strafrechtsdozentin Marianne Heer kritisiert gegenüber SRF den angekündigten Protest gegen das Urteil. Zwar sei die Demonstration ein demokratisches Grundrecht, doch sie könne «grossen Druck» auf Richterinnen und Richter ausüben, die sich bei künftigen Urteilen verstärkt nach der Öffentlichkeit statt nach dem Gesetz richten könnten, sagt die ehemalige Luzerner Kantonsrichterin.

Es geschah auf dem Heimweg vom Ausgang

Die Vergewaltigung spielte sich im Februar 2020 ab. João P. und ein weiterer, damals 17-jähriger Portugiese begleiteten die Frau am frühen Morgen auf dem Heimweg vom Ausgang. Unmittelbar vor dem Zuhause der Frau passierte es: Die beiden Begleiter wurden übergriffig, vergingen sich im Windschutz des Hauseingangs an ihrem Opfer.

Letzten Sommer folgte dann das Verdikt für João P. Das Strafgericht verurteilte ihn wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Das Urteil wurde vom Appellationsgericht grundsätzlich bestätigt – es reduzierte jedoch die Strafe. (noo)

* Name geändert

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