Zuerst dachte Murielle Egloff (43) an einen schlechten Scherz. Die Katholikin leitet bei der Landeskirche im Thurgau die Fachstelle Jugend und setzt sich für die Anliegen queerer Menschen ein. Dazu gehört im Pride-Monat auch eine Regenbogenfahne am Gebäude der Landeskirche in Weinfelden. «Wir sind gegen eine Kirche, die diskriminiert. Gott liebt alle Menschen – egal, wer wen liebt.» Mit der Regenbogenflagge wolle die Fachstelle Jugend ein Statement machen: «Die Kirche ist inklusiv, auch wenn das nicht alle verstanden haben.»
Doch offenbar stören sich im Thurgau manche daran: Am 6. Juni klauten Unbekannte die Regenbogenfahne. «Wir haben daraufhin eine neue Fahne gekauft. Diesmal sogar die Progress-Pride-Flagge», sagt Egloff. Diese zeige nicht nur den Regenbogen, sondern auch Symbole, die für die Trans-Community und Menschen aller Hautfarben wichtig seien. «Unsere Botschaft lautet: Gott diskriminiert nicht.»
Doch in der Nacht auf Donnerstag schlugen erneut Unbekannte zu. Schon wieder fehlt die Pride-Fahne. «Am Donnerstagnachmittag kam die Polizei bei uns vorbei», sagt Murielle Egloff. Eine Sprecherin der Kantonspolizei Thurgau bestätigt, dass Beamte ausgerückt seien. Da die Fahne allerdings nur 20 Franken gekostet habe, gebe es keine Ermittlungen.
Betreibt die katholische Kirche nicht Pinkwashing, wenn sie sich mit der Pride-Fahne schmückt? Schliesslich ist der Papst gegen die «Ehe für alle». Und Homosexualität ist laut offiziellem Lehramt Sünde.
Murielle Egloff findet, die Kirche sei längst weiter als Rom: «Wir sind so bunt wie die Gesellschaft. Die Thurgauer Landeskirche setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit ein. Egal, ob es Rom passt oder nicht.» Zur Täterschaft könne sie keine Angaben machen. «Wahrscheinlich waren es Leute, die nicht geschnallt haben, worum es geht.»