Daniel Regli (66) verschickt zurzeit viele E-Mails. Der ehemalige SVP-Politiker hat sich als evangelikaler Aktivist einen Namen gemacht und sagt, er fühle sich bei der Freikirche International Christian Fellowship (ICF) zu Hause. Aktuell macht er Stimmung gegen Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich «am Zeitgeist orientieren».
Zusammen mit dem «Bürgerforum Schweiz» kritisiert er «irreführende Werte» wie «kalten Egoismus, irreale ökologische und gesundheitliche Ziele, eine fatale Impfpolitik und den Homo-/Genderwahn».
Konkret geht es beim «Pfarrer-Check» um einen «Fragebogen zur Qualität des Personals in christlichen Kirchen und Organisationen». Zur Checkliste gehört etwa dies: «Ist das gehorsame Befolgen der biblischen Gebote einzige Grundlage eines gelingenden, glücklichen Lebens in Familie, Kirche, Gesellschaft und Staat?»
Die Kampagne lief im Mai an. Bislang war laut Regli nur eine pensionierte Pfarrerin bereit, die Kampagne öffentlich zu unterstützen. Für SonntagsBlick war sie nicht zu erreichen – laut Regli ist sie seit einigen Wochen schwer erkrankt. Das Gesicht der Kampagne ist ein Fake-Priester. Regli bestätigt, das Bild sei eine Fotomontage.
Polemische Predigten
Das ehemalige SVP-Mitglied polarisiert seit Jahren. 2017 polemisierte er im Zürcher Gemeinderat gegen Schwule. Während der Corona-Pandemie wurden seine Ansichten selbst den Abtreibungsgegnern des «Marsch fürs Läbe» zu viel. Regli hatte kritisiert, die Massnahmen des Bundesrats dienten lediglich dazu, «400 hochbetagten Menschen etwas zusätzliche Lebenszeit zu ermöglichen». Eine Aussage, die in den Augen der Initiatoren des «Marsch fürs Läbe» nicht vereinbar mit dem Schutz des menschlichen Lebens war.
Mehr zur Kirche
Umso mehr Zeit hat Regli nun, sich für das von ihm mitgegründete «Bürgerforum Schweiz» zu engagieren.
Die Gruppierung steht, wie er selbst sagt, der EDU und der SVP nahe. Nach dem Kampf gegen die Corona-Massnahmen hat die Plattform mit dem «Pfarrer-Check» ein neues Thema gefunden.
Die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Rita Famos (57), spricht von einer unverantwortlichen Kampagne: «Das Komitee meint zu wissen, was wirklich christlich ist. Gottes Wahrheit lässt sich aber nicht mit einer Checkliste festhalten.» Besonders stört sie, dass die Kampagne von «regelrechten Feinden Gottes auf den Kanzeln» spreche. «So wird versucht, Kirche und Gesellschaft zu spalten», sagt Famos. «Unsere Pfarrleute predigen öffentlich, mit Überzeugung und in volkskirchlicher Vielfalt. Da braucht es keine Checklisten.»
Die katholische Bischofskonferenz liess eine Anfrage des SonntagsBlicks zu der Kampagne unbeantwortet. Die oberste Zürcher Katholikin Franziska Driessen-Reding (53) sagt, sie werde wie in den letzten Jahren weiterhin auf die Zurich Pride gehen und dort mit der queeren Community feiern.
«Was dieses selbst ernannte Bürgerforum veranstaltet, ist reiner Gesinnungsterror. Missliebige Kirchenleute sollen an den Pranger gestellt werden», so Driessen-Reding. Fundamentalismus gebe es in allen Religionen. «Wir müssen das nicht nur bei anderen aufdecken, sondern auch bei Christinnen und Christen.»