René Weber ist waschechter Frauenfelder. Der 65-jährige ehemalige Anwendungstechniker wurde in der Thurgauer Kantonshauptstadt geboren, ging dort zur Schule, machte die Lehre und hatte verschiedene Arbeitgeber in der Region.
Er ist unter anderem Mitglied der Frauenfelder Chlausgesellschaft und Präsident des Kiwanis Club Arenenberg – ein regelrechter Tausendsassa. Nur ein kleines Detail passt so gar nicht zu ihm: Sein Heimatort ist seit jeher Davos im Kanton Graubünden.
Das Bürgerrecht zum Geburtstag
«Also nahm ich mir vor, das Frauenfelder Bürgerrecht zu beantragen. Das kostet zwar etwas, aber das ist es mir wert», sagt Weber. Er wollte sich zur Pensionierung selber beschenken, so der Rentner.
Vom Straf- und Betreibungsregisterauszug bis hin zu Steuerveranlagungen schickte er alle nötigen Dokumente der Stadt. Letztere schwärzte er aber: «Da habe ich mir einen Scherz erlaubt. Die kennen doch meine Daten sowieso.»
Einbürgerungstest gefordert
«Nach sage und schreibe sechs Wochen bekam ich dann Antwort – und dachte sofort, dass es sich beim Schreiben der Stadt um einen Witz handeln musste», sagt Weber und lacht ungläubig. Im Brief, der Blick vorliegt, steht, dass das zuständige Amt das Gesuch «um Erteilung des Schweizer Bürgerrechts» erhalten habe.
Die Einwohnerdienste schreiben, dass verschiedene Erhebungen durchgeführt werden müssen: «Dazu gehört auch der von Ihnen zu absolvierende Test über Grundkenntnisse der geografischen, historischen, politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Schweiz.» Man hielt Weber also für einen Ausländer und wollte ihn einbürgern.
Auch ein persönliches Gespräch mit der Einbürgerungskommission müsse Weber noch über sich ergehen lassen. Dem Schreiben lag ein Einzahlungsschein über 520 Franken bei – ein Kostenvorschuss, den Weber innert 30 Tagen zu berappen hatte.
Weber dachte mehrmals an einen Scherz
Weber glaubte an einen Lapsus, meldete sich bei den Einwohnerdiensten. Sogleich gaben die Verantwortlichen ihren Fehler zu. Stadtpräsident Anders Stokholm bot ein persönliches Gespräch an, in dem versprochen wurde, die Verwirrung aufzulösen.
Die eingereichten Dokumente seien allerdings unvollständig, hiess es von den Behörden. «Man wollte von mir Steuerveranlagungen, die zwei Jahre zurückliegen. Davon steht aber nichts im Gesetz», sagt Weber verärgert. Tatsächlich lässt sich eine solche Passage in der Verordnung des Regierungsrates nicht finden. Die geschwärzten Steuerdokumente dürften ebenfalls ein Problem gewesen sein.
Wieder vergingen Wochen, bis Weber erneut einen Brief in seinem Briefkasten fand. Voller Hoffnung auf die korrekte Bestätigung seines Bürgerrechtsgesuchs öffnete er ihn – doch es war eine Mahnung.
Weber solle sofort die 520 Franken einzahlen, ansonsten würde auf seine Einbürgerung nicht eingetreten. «Ich fühle mich grausam veräppelt! Das ist doch ein Scherz», enerviert sich der Rentner.
Ferienabsenzen und knappe Ressourcen
Auf Anfrage von Blick gibt sich der Frauenfelder Stadtpräsident Anders Stokholm einsichtig: «Es wurde leider irrtümlich eine falsche Briefvorlage für die Bestätigung versandt.»
Ferienabsenzen und knappe personelle Ressourcen hätten zudem dafür gesorgt, dass Weber seine Antwort erst nach 29 Arbeitstagen erhielt. «Wir haben die internen Prozesse zwischenzeitlich überprüft und angepasst, damit so etwas nicht mehr vorkommt», versichert Stokholm.
Auch für die Mahnung, die Weber den Rest gegeben hatte, hat Stokholm eine Entschuldigung: «Mit der Eingangsbestätigung wurde auch eine Rechnung mitversandt, die später allerdings nicht storniert worden ist. Wir haben dies jetzt aufgrund des Hinweises sofort gemacht und entschuldigen uns bei Herrn Weber für die Umstände.»
Weber dürfe nach wie vor Frauenfelder Bürger werden, sagt Stokholm: «Sein Gesuch ist lediglich sistiert. Er kann also jederzeit die geforderten Unterlagen nachreichen und das Gesuch wieder aktivieren.»
Doch dieser hat die Nase voll von Frauenfeld: «Nach dieser ganzen Narretei bin ich jetzt sogar froh, dieser für mich mehr als fraglichen Gesellschaft nicht anzugehören.»