Abgewählter SVP-Stadtrat kassiert Millionen-Ruhegehalt
«Ich verzichte sicher nicht, das Geld steht mir zu»

Im Februar wurde Andreas Elliker als Stadtrat von Frauenfeld abgewählt. Laut einem uralten Reglement erhält der Bio-Landwirt nun bis zur Rente ein Ruhegehalt von insgesamt 1,2 Millionen Franken. Er sagt: «Mir steht das zu.»
Publiziert: 23.08.2023 um 17:18 Uhr
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Aktualisiert: 24.08.2023 um 11:03 Uhr
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Er hat gut lachen: Andreas Elliker kassiert nach seiner Abwahl als Stadtrat eine üppige Rente.

Seine Abwahl zahlt sich aus. Es ist ein stattlicher goldener Fallschirm, mit dem Andreas Elliker (37) aus dem Stadtrat von Frauenfeld TG abtritt. Nach seiner überraschenden Abwahl im Februar soll der bisherige Baudirektor nun ein Ruhegehalt erhalten. Laut Berechnungen des «St. Galler Tagblatts» kassiert der SVP-Politiker insgesamt 1,29 Millionen Franken.

«Mitglieder des Stadtrats haben bei Ausscheiden aus dem Amte zufolge Nichtwiederwahl Anspruch auf eine Rente» heisst es in einem entsprechenden Reglement. Und zwar bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs. Der 37-Jährige könnte also noch 28 Jahre lang die Stadtrat-Rente beziehen. Jährlich würde er damit rund 45'000 Franken erhalten.

Reglement wurde «bisher noch gar nie gebraucht»

Für die Stadt Frauenfeld ist es ein Novum, dass das Reglement zum Tragen kommt – denn seit der Einführung 1981 wurde noch nie ein amtierender Stadtrat abgewählt. «Das Reglement aus den 80ern mit allen Lücken und Unklarheiten wurde bisher noch gar nie gebraucht», sagt Finanzchef Reto Angehrn zum «Tagblatt». Trotz der Ungereimtheiten des Papiers: Es ist geltendes Recht, und entsprechend steht Elliker die Stadtrat-Rente zu.

Elliker war im Februar nach vier Jahren im Amt abgewählt worden – zugunsten Andrea Hofmann Kolb von der linksgrünen Lokalpartei «CH Chrampfe & Hirne». Seither hat der hauptberufliche Bio-Landwirt eine Beratungsfirma gegründet. Speziell: Wenn seine Einkünfte und das Ruhegehalt den Jahreslohn von 220'000 des Stadtpräsidenten übertreffen würden, würde man ihm die Stadtrat-Rente wieder entziehen, heisst es in dem Reglement.

Er hat vier Jahre lang «alles gegeben»

Zürich ist besonders spendabel

Die Stadt Zürich ist bei den Abgangsentschädigungen spendabel – noch. Derzeit ist eine Änderung des Reglements in Arbeit. Neu soll es weniger Geld geben. Wer nach vier bis sieben Jahren freiwillig aus dem Amt scheidet, soll noch höchstens eine Abfindung von einem Jahreslohn erhalten. Bis jetzt liegt das Maximum bei 1,6 Jahreslöhnen.

Am grössten werden die Unterschiede bei langjährigen Behördenmitgliedern sein, die abgewählt werden. Das Maximum liegt heute bei 4,8 Jahreslöhnen, wenn die Person mehr als acht Amtsjahre auf dem Buckel hat und beim Abtritt 55 Jahre alt ist. Neu soll das auf 2,8 Jahreslöhne gekürzt werden.

Wer Anspruch hat

Anspruch auf einen goldenen Fallschirm haben Mitglieder der Stadtregierung, die Ombudsperson, die oder der Datenschutzbeauftragte, Friedensrichterinnen und Friedensrichter sowie die Präsidentinnen und Präsidenten der Kreisschulbehörden.

Abgangsentschädigungen kennt aber nicht nur die Limmatstadt. Vor fünf Jahren machte in Basel der Fallschirm für den ehemaligen Stadtentwickler Thomas Kessler (61) Schlagzeilen. Dieser soll zwei Jahreslöhne, etwas mehr als 400'000 Franken, kassiert haben. Gängig sind die Entschädigungen aber nicht.

Alternative Ruhegehalt

Die Stadt Bern kennt Abgangsentschädigungen oder Ruhegehälter für Mitglieder der Stadtregierung. Auch hier können stattliche Summen zusammenkommen. Das maximale Ruhegehalt beträgt 60 Prozent des Jahresgrundlohns. Anspruch hat, wer mit 55 oder älter und mit einer Amtsdauer von mindestens zwölf Jahren nicht wiedergewählt wird oder zurücktritt. Der Anspruch auf ein Ruhegehalt erlischt allerdings mit Erreichen des Rentenalters. Anderes Erwerbseinkommen muss angerechnet werden.

Ganz ähnlich ist die Regelung für alt Bundesräte: Diese erhalten ein Ruhegehalt in der Höhe des halben Lohns, also rund 220'000 Franken, falls sie nach ihrem Rücktritt keiner anderen lukrativen Tätigkeit nachgehen. (sf)

Die Stadt Zürich ist bei den Abgangsentschädigungen spendabel – noch. Derzeit ist eine Änderung des Reglements in Arbeit. Neu soll es weniger Geld geben. Wer nach vier bis sieben Jahren freiwillig aus dem Amt scheidet, soll noch höchstens eine Abfindung von einem Jahreslohn erhalten. Bis jetzt liegt das Maximum bei 1,6 Jahreslöhnen.

Am grössten werden die Unterschiede bei langjährigen Behördenmitgliedern sein, die abgewählt werden. Das Maximum liegt heute bei 4,8 Jahreslöhnen, wenn die Person mehr als acht Amtsjahre auf dem Buckel hat und beim Abtritt 55 Jahre alt ist. Neu soll das auf 2,8 Jahreslöhne gekürzt werden.

Wer Anspruch hat

Anspruch auf einen goldenen Fallschirm haben Mitglieder der Stadtregierung, die Ombudsperson, die oder der Datenschutzbeauftragte, Friedensrichterinnen und Friedensrichter sowie die Präsidentinnen und Präsidenten der Kreisschulbehörden.

Abgangsentschädigungen kennt aber nicht nur die Limmatstadt. Vor fünf Jahren machte in Basel der Fallschirm für den ehemaligen Stadtentwickler Thomas Kessler (61) Schlagzeilen. Dieser soll zwei Jahreslöhne, etwas mehr als 400'000 Franken, kassiert haben. Gängig sind die Entschädigungen aber nicht.

Alternative Ruhegehalt

Die Stadt Bern kennt Abgangsentschädigungen oder Ruhegehälter für Mitglieder der Stadtregierung. Auch hier können stattliche Summen zusammenkommen. Das maximale Ruhegehalt beträgt 60 Prozent des Jahresgrundlohns. Anspruch hat, wer mit 55 oder älter und mit einer Amtsdauer von mindestens zwölf Jahren nicht wiedergewählt wird oder zurücktritt. Der Anspruch auf ein Ruhegehalt erlischt allerdings mit Erreichen des Rentenalters. Anderes Erwerbseinkommen muss angerechnet werden.

Ganz ähnlich ist die Regelung für alt Bundesräte: Diese erhalten ein Ruhegehalt in der Höhe des halben Lohns, also rund 220'000 Franken, falls sie nach ihrem Rücktritt keiner anderen lukrativen Tätigkeit nachgehen. (sf)

Es ist nicht der einzige fragwürdige Passus in dem Reglement: «Hat der Amtsinhaber die Nichtwiederwahl selbst verschuldet, fallen die Ansprüche dahin.» Genau dieser Aspekt wird nun eben im Zusammenhang mit Elliker diskutiert: Ob seine Abwahl als Baudirektor selbstverschuldet war und er deshalb keinen Anspruch auf die Rente habe. Die Entscheidung darüber wird der Gemeinderat, als das städtische Parlament, fällen müssen.

Wenn es nach Elliker selbst geht, würde er die Stadtrat-Rente fraglos einstreichen können. Offenherzig sagt er zum «Tagblatt»: «Ich verzichte sicher nicht, das Geld steht mir zu.» Er habe vier Jahre lang «alles gegeben», mutig gearbeitet und etwas bewegen wollen, als Stadtrat – da stehe ihm doch diese Rente zu. Von Selbstverschuldung könne keine Rede sein, findet er. (dru)

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