Skifahrer dürfen auf Schneebank sitzen
Jetzt spricht der Terrassen-Gallier von Arosa

In Arosa GR suchten die Verantwortlichen nach dem Terrassen-Verbot des Bundes eine kreative Lösung – und bauten eine Schneeterrasse. Kurdirektor Pascal Jenny (46) erklärt nun erstmals die Idee.
Publiziert: 07.03.2021 um 16:18 Uhr
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Aktualisiert: 08.03.2021 um 14:42 Uhr
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In Arosa GR wurden Schneeterrassen für die Wintersportler gebaut.
Foto: Facebook

Die Schliessung der Restaurantterrassen sorgt in den Skigebieten für Erfindergeist. Im Hoch-Ybrig stellten drei Beizen ihre Tische und Stühle einfach neben das Restaurant-Areal – und wurden von den Behörden umgehend zurückgepfiffen.

Eine andere Lösung wählte Arosa GR. Dort wurden einfach Schneeterrassen für die Wintersportler gebaut. Die Idee erntete viel Lob. In den sozialen Medien werden die «Gallier der Berge» gefeiert, auch die «kreative Umsetzung» wird hervorgehoben. Kritische Stimmen allerdings meinen, dass sich Arosa über die Bestimmungen des Bundes hinwegsetzen wolle.

Idee stammt von Pistenbully-Fahrer

Bilder der eifrig genutzten Schneeterrassen hat Pascal Jenny (46) auf Facebook veröffentlicht. «Wir in Arosa gelten schon seit vielen Jahren als Gallier der Berge», meint der Kurdirektor des Ortes lachend zu BLICK. «Ich würde sagen, unser Dorf ist in gesundem Masse ein wenig verrückt.»

Als der Bund den Skigebieten die Benützung der Restaurantterrassen verboten habe, sei ein Pistenbully-Fahrer auf die Idee gekommen. «Der Fahrer suchte auf den Entscheid der Behörden eine legale Lösung. Daher verfolgte er den kreativen Ansatz, Stufen in den Schnee zu bauen und so etwas Platz zu schaffen, damit sich die Gäste mit dem Take-away-Essen irgendwo hinsetzen können», erzählt Jenny.

Zeichen an den Bundesrat

Mit der Schneeterrasse mache man nichts Illegales, sondern schaffe eine gute Lösung: «In der Woche nach der Terrassen-Schliessung haben sich verschiedene Mitarbeiter bei uns gemeldet und uns erklärt, dass die Abstände nicht mehr eingehalten werden können, weil rund um die Abfallkübel ein dichtes Gedränge herrsche.»

Die Aktion sei allerdings auch als Zeichen an den Bundesrat gedacht. Dieser urteile bei der Terrassen-Frage zu pauschal, sagt Jenny: «Take-away in der Stadt funktioniert nicht gleich wie in einem Skigebiet. In Zürich nehmen sich die Leute ihr Essen nach Hause mit, das geht bei uns in Arosa nicht. Wenn man keine Menschen im Schnee haben will, dann müsste man Take-away im Skigebiet verbieten.» Lange verweilen würde auf den Schneestufen sowieso niemand. «Der Schnee ist kalt.»

Wenige kritische Stimmen

Haben die Gallier von Arosa jetzt die Römer aus Bern am Hals – und die Kapo vor den Beizentoren? Das Vorgehen sei mit den Behörden abgeklärt, versichert Jenny. Die Regierung habe die Skigebiete gebeten, möglichst viel Platz zu schaffen, sagt er. Er sei daher überzeugt, eine gute Lösung gefunden zu haben.

Jenny habe sich lange überlegt, ob er die Fotos in den sozialen Medien teilen solle. «90 Prozent der Leute sind dankbar für unseren Lösungsansatz.» Natürlich habe es auch negative Reaktionen gegeben, aber damit könne er umgehen. «Selbstverständlich haben alle Kritiker eine schriftliche Antwort erhalten.» Ihm sei es wichtig, die Überlegungen hinter dem Projekt erläutern zu können. «Richtig oder Falsch gibt es in dieser Sache wohl nicht.»

Neue Konzepte in Arosa

Arosa habe bereits früh in der Pandemie reagiert. So habe man im März vergangenen Jahres nach der Schliessung der Skigebiete Flyer zu den Sommer-Angeboten an die Touristen verteilt. Viele Gäste seien deshalb im Sommer wiedergekommen und hätten nun auch ihre Winterferien in Arosa gebucht. «Derzeit haben wir nur rund 30 Prozent weniger Gäste als in einem normalen Jahr.»

Zudem habe man mit den «Arosa Rangers» ein neues Konzept implementiert. «Leute aus dem Dorf kontrollieren zum einen, dass die Schutzkonzepte eingehalten werden. Gleichzeitig informieren sie die Gäste aber auch, geben ihnen Geheimtipps mit auf den Weg. Alle helfen mit, von den Tourismus-Direktoren bis hin zum Rezeptionisten im Hotel. Die Idee stamme aus der Lenzerheide.

Graubünden als Vorbild für den Bund

Ende Dezember gleiste Graubünden als erster Kanton Massentests auf – nun wurde das Konzept vom Bund übernommen. Ähnliches wünscht sich Pascal Jenny nun auch in der Terrassen-Debatte: «Ich finde es super, dass der Bundesrat die Skigebiete offen gelassen hat. Gleichzeitig hätte ich mir gewünscht, dass die Entscheidungsträger sich im Falle der Terrassen für eine pragmatischere Lösung entschieden hätten.»

Er sei daher überzeugt, dass der Bundesrat bald die Strategie ändere und die Nutzung wieder erlaube. Denn anders als die Gallier respektiere Arosa die Regierung. «Manchmal braucht es jedoch kreative Lösungen, um aufzuzeigen, wie ein sinnvolles Konzept funktioniert. Wir haben den Zaubertrank gefunden. Der Bundesrat darf ihn nun gerne übernehmen.»

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