Es ist ein Hilfeschrei der dramatischen Sorte. Am 6. Dezember 2020 um 13.43 Uhr wählt eine Anruferin den Notruf im Kanton St. Gallen. Die Frau teilt dem Einsatzdisponenten mit, Nathalie zu heissen und nicht mehr leben zu wollen. Ausserdem sei sie von ihrem Ehemann geschlagen worden. Sogleich eilen Polizisten zur Coop-Filiale in Rorschach SG, wo sich die verzweifelte Frau nach eigenen Angaben aufhalten soll.
Es handelt sich um einen falschen Alarm. An der Meldung ist nichts Wahres dran. Hinter dem üblen Treiben steckt Maya R.* (34). Die Putzfrau gibt sich regelmässig alle Mühe, die Beamten zu vermeintlichen Notfällen ausrücken zu lassen!
Allein in diesem Jahr wurde sie deswegen von der Staatsanwaltschaft St. Gallen schon drei Mal wegen falschen Alarms und Irreführung der Rechtspflege verurteilt. Insgesamt provozierte R. laut den Blick vorliegenden Unterlagen elf Polizeieinsätze.
Sie hat ihr Vorgehen mehrfach angepasst
Für ihre falschen Notrufe leiht sie sich Handys, missbraucht öffentlich zugängliche Notrufsäulen und spricht Menschen im öffentlichen Raum mit der Bitte an, für sie die Polizei zu verständigen. Einmal drückte sie einer Passantin auch einen schriftlichen Hilferuf in die Hand.
Das Resultat ist immer gleich. «Aufgrund des Notrufes löste Maya R. willentlich und wissentlich grundlos einen Polizeieinsatz aus», heisst es dazu in den Strafbefehlen. Für ihr Verhalten wurde die Ostschweizerin zuletzt mit Geldstrafen in der Höhe von 600 und zweimal 1800 Franken belegt. Dazu kommen noch Verfahrenskosten.
Maya R. möchte gegenüber Blick ihr Verhalten nicht erklären, reagiert auf Nachfragen gar gereizt. «Ich will mit Ihnen nicht darüber sprechen», sagt die Frau, die 2011 und im vergangenen Jahr bereits vier weitere Male wegen ähnlicher Delikte verurteilt wurde.
Anruferin ist laut Justiz von der Polizeiarbeit fasziniert
Ihre Motivation hinter den gefälschten Notrufen ist laut den Strafbefehlen erschreckend banal. Mehrfach heisst es dort: «Den Anruf tätigte sie, weil sie von der Polizeiarbeit fasziniert sei und wollte, dass die Polizei erscheint.» Bei Maya R. handelt es sich um ein Extrembeispiel, aber nicht um einen Einzelfall.
«Die Kantonale Notrufzentrale wird täglich belästigt – oder anders ausgedrückt: Es wählen täglich Personen den Notruf, die keinen Notruf abzusetzen haben», sagt Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen. «Sie wollen einfach plaudern, uns ihre persönlichen Probleme schildern oder eine Patrouille zum Reden oder als Taxi bestellen.»
* Name geändert
DCX STORY: doc7fxwccs58j8esqx7923 [Hier finden Sie Hilfe]