Jede neue Corona-Welle wird für das Pflegepersonal zu einer gnadenlosen Belastungsprobe. Die starken Anstiege von Covid-Fällen in den Spitälern im November 2020 und im Frühling 2021 steckt den Helfern noch in den Knochen. Jetzt zeichnet sich wieder eine Zunahme von pflegebedürftigen Patienten ab – und mit ihnen Überstunden, kurze Erholungszeiten und grosse psychische Strapazen für die Angestellten.
Im Kanton Thurgau schlagen die Verantwortlichen darum jetzt Alarm. «Wir beraten mittlerweile sehr viele Fälle von Pflegenden, die selber einfach nicht mehr können und aussteigen», sagt Barbara Dätwyler, Präsidentin des Schweizer Berufsverbandes der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) der Sektion St. Gallen-Thurgau-Appenzell, gegenüber «Tele Top». Es gebe Stationen, auf denen bis zu 50 Prozent der Belegschaft davonlaufen würden.
Appell an die Bevölkerung: «Schützt euch!»
Burnouts, Angstzustände und Schlafstörungen seien die Folge der massiven Arbeitsbelastung in der Pflege, erklärt Dätwyler. Und: Weil sie hautnah mit Corona-Patienten in Berührung kommen, ist die Krankheit für die Pfleger eine zusätzliche Gefahr. Viele Angestellte hätten sich schon mit dem Erreger angesteckt und seien nun bis zur Berufsunfähigkeit erschöpft, so dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Der Appell von Dätwyler lautet darum: «Schützt euch!»
Dass die Situation gerade im Thurgau so angespannt ist, hängt auch mit der Impfquote zusammen. Dort zählt der Ostschweizer Kanton zu den Schlusslichtern. Und auf den Intensivstationen landen praktisch ausschliesslich ungeimpfte Covid-Patienten.
Das bestätigt auch der Thurgauer SVP-Regierungsrat Urs Martin. Er hofft aber auf Besserung. Der Kanton Thurgau sei ein tendenziell impfkritischer Kanton. «Aber wir merken, dass sich je länger je mehr Menschen impfen lassen wollen.» Mit der Möglichkeit zu Spontan-Impfungen soll diese Tendenz nun nach der Ferienzeit noch verstärkt werden. (cat)
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