Der Sommer neigt sich dem Ende entgegen. Und die Schulen nehmen trotz noch immer anhaltender Pandemie wieder ihren Betrieb auf. Den Anfang machte gestern der Aargau. Eine Maskenpflicht gilt im Mittelland nach den Sommerferien zwar nicht mehr, stattdessen wird jetzt der Impf-Turbo gezündet.
«Wir wollen die Impfquote mit mobilen Einheiten an den Schulen verbessern. Für Kantons- und Mittelschulen steht die Impfung ab nächster Woche, für die Oberstufe ab Anfang September zur Verfügung», kündigt Bildungsdirektor Alex Hürzeler (56) an. Damit sind die Aargauer die Ersten, die auch an Schulen impfen.
Testkits kommen erst nächste Woche zum Einsatz
Doch beim Testen sitzen die 141 teilnehmenden Schulen im Kanton ausgerechnet zum Schulstart auf dem Trockenen. Die angeschafften Testkits weisen Verunreinigungen auf und müssen deshalb kurzfristig ausgetauscht werden. Das 1,5 Millionen Franken teure Testprogramm kann daher erst nächste Woche durchstarten – wenn auch in 17 weiteren Kantonen die Sommerferien zu Ende gehen.
Wie eine nationale Umfrage von Blick zeigt, ist bei den Corona-Massnahmen an den Schulen ganz viel Kantönligeist mit im Spiel. Bisher haben sich (Aargau inklusive) erst zwölf Kantone dazu entschieden, Testangebote für die Kinder und Jugendlichen auf die Beine zu stellen.
Ostschweiz zeigt sich testfaul
Appenzell Ausserrhoden, St. Gallen, Thurgau und Genf erteilen regelmässigen Tests an ihren Schulen dagegen eine Absage. Sie fokussieren sich stattdessen auf die sogenannten Ausbruchstestungen.
Schulen sollen also erst durchgetestet werden, nachdem dort bereits Lehrpersonen oder Kinder erkrankt sind. Der Thurgau schiebt die Frage des Testens gar auf die einzelnen Schulgemeinden ab. Diese sollen selbst darüber entscheiden.
Zehn Kantone haben sich in dieser Frage noch nicht festgelegt. «Ich kann gut nachvollziehen, dass man auf die Entscheidungen von BAG und Bundesrat warten will», zeigt sich Epidemiologe Marcel Salathé (46) verständnisvoll. Kein Wunder: Die erste Bundesratssitzung nach den Sommerferien steht erst Mittwoch auf dem Programm.
Was macht der Bundesrat?
Die Landesregierung sieht sich mit der kniffligen Frage konfrontiert, ob sie weiter lockern oder die Drehschrauben bei den Massnahmen wieder anziehen möchte. Eigentlich hätte die sogenannte Normalisierungsphase eingeleitet werden sollen. Doch ausgerechnet jetzt breitet sich die Delta-Variante aus, und die Impfkampagne harzt.
Viele Kantone wollen sich deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in die Karten schauen lassen. «Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Corona-Situation jeweils sehr volatil sein kann», begründet etwa Glarus sein Abwarten bis zur fast letzten Minute.
Viele Entscheide fallen in den nächsten Tagen
Auch Zürich hat seine Schulen bislang lediglich aufgefordert, sich mit der «Möglichkeit des repetitiven Testens vertraut zu machen und sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten.» Ein klares Bekenntnis zum Testen sieht anders aus. Unklar bleibt, ob alle noch unentschiedenen Kantone überhaupt im ausreichenden Masse über Testkapazitäten verfügen, um bei Bedarf ihre Schulen zu beliefern.
Klar scheint: Mit steigenden Infektionszahlen dürfte auch eine Maskentragepflicht wieder zu einem Thema werden. Trotzdem haben sich die beiden Westschweizer Kantone Jura und Neuenburg schon jetzt für eine Wiedereinführung entschieden. Ab dem zwölften Lebensjahr werden die Kinder dort nach den Sommerferien angewiesen, eine Maske zu tragen.
Epidemiologe hofft auf Luftfilter
Ohnehin lassen die meisten Kantone die Frage nach innovativen Konzepten im Umgang mit der Pandemie unbeantwortet. Oder sie haben schlichtweg keine! Nebst Impf-Pionier Aargau will aber nun immerhin auch Luzern Luftfilter «in einzelnen ausgewählten Schulhäusern aller Schulstufen einsetzen, um Erkenntnisse zu deren Nutzen zu gewinnen».
Für Epidemiologe Salathé handelt es sich bei der Filter-Thematik, die schweizweit noch kein grosses Thema ist (Blick berichtete), um einen vielversprechenden Ansatz. «Ich hoffe, es werden sich mehr Schulen für CO2-Messungen und gute Luftreiniger interessieren, denn im Gegensatz zu den anderen Massnahmen würden sich diese auch über die Pandemie hinaus lohnen», ist der Epidemiologe überzeugt.