Neuer Bericht wirft Fragen auf
Hätte Schweizer Geheimdienst Angriff auf Juden verhindern können?

Vor rund einer Woche wurde ein orthodoxer Jude in Zürich Opfer eines Gewaltverbrechens. Der Täter postete bereits im Voraus Hassvideos auf Social Media. Warum wurde der Schweizer Geheimdienst nicht aktiv?
Publiziert: 10.03.2024 um 01:05 Uhr
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Aktualisiert: 10.03.2024 um 12:41 Uhr
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Hier wird der Attentäter abgeführt.

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) betreibt eine eigene Osint-Abteilung. Osint steht für Open Source Intelligence, das systematische Sammeln von frei zugänglichen Informationen im Internet und auf Social Media. So kann der Geheimdienst Gefahren frühzeitig erkennen und Massnahmen ergreifen.

Der Einsatz dieser Osint-Abteilung wäre am Samstag vor einer Woche gefragt gewesen, als ein 15-Jähriger einen orthodoxen Juden mit einem Messer attackierte. Denn der mutmassliche Täter, ein Schweizer mit tunesischen Wurzeln, deutete bereits einen Tag vor der Tat auf Instagram einen Anschlag an. Zudem prangte auf seinem Profil ein Link, über den man zu einem Bekennervideo zum Islamischen Staat (IS) gelangte.

Rechtlicher Rahmen ist unklar

Nun stellt sich die Frage, warum die Osint-Abteilung nicht aktiv wurde. Hatte man das Video übersehen? Glaubte man an einen Bluff des 15-Jährigen? Die Aufsichtsbehörde des Nachrichtendienstes (AB-ND) führte eine Prüfung des Osint-Bereichs durch, um offene Fragen zu klären. Der «NZZ am Sonntag» liegt eine Zusammenfassung des noch unveröffentlichten Aufsichtsprüfberichts vor.

Aus dem Papier geht hervor, dass sich die Mitarbeitenden des NDB gar nicht bewusst sind, wie weit sie im Bereich Osint gehen dürfen. So heisst es: «Aus den geführten Interviews mit Mitarbeitenden aus dem Ressort Osint NDB ging hervor, dass sich diese darüber im Klaren sind, dass sie sich in Bezug auf Osint in einer komplexen rechtlichen Lage bewegen. Es gebe jedoch keine Kriterien oder strukturierte Richtlinie darüber, was Osint sei und wo der rechtliche Rahmen von Osint verlassen werde.»

Risiko, dass Bedrohung nicht erkannt wird

Zum 15-jährigen Attentäter in Zürich äussert sich der NDB im Prüfbericht nicht explizit. Eine Sprecherin erklärt zur Tätigkeit im Osint-Bereich: «Die Abdeckung kann nie vollständig sein, und es besteht leider ein geringes Risiko, dass eine Bedrohung nicht rechtzeitig erkannt wird.»

Ob der 15-jährige Attentäter bei einer klareren rechtlichen Lage hätte gestoppt werden können, bleibt offen. Klar ist hingegen, dass der NDB auch über die Osint-Abteilung hinaus Probleme hat. Erst Mitte Februar wurde publik, wie unzufrieden die Mitarbeitenden mit der NDB-Führung sind. (obf)

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