Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr (65) hat es am Montag offiziell gemacht: Der feige Messer-Angriff auf einen orthodoxen Juden in Zürich vom Samstag war ein Terroranschlag. Zwischen dem 15-jährigen mutmasslichen Täter und seinem Opfer (50) gab es keinerlei persönliche Verbindung. «Jemand wurde einzig und allein wegen seiner Religionszugehörigkeit niedergestochen», so Fehr an einer kurzfristig organisierten Pressekonferenz.
Dabei hat er auch bestätigt, was Blick bereits berichtet hatte: Der Täter hat vorab ein Bekennervideo aufgezeichnet. Und dort lässt er keinen Zweifel offen, welcher Ideologie er anhängt. Der Jugendliche spricht davon, dass er «Juden töten» und «Ungläubige abschlachten» wolle. Publiziert wurde das Material von der amerikanischen Website siteintelgroup.com. Das Portal überwacht seit 20 Jahren nach eigenen Angaben Online-Foren von Terroristen und Extremisten auf Bedrohungsinhalte hin und erstellt daraus Warnungen und Berichte. Das Video hat er laut eigenen Angaben auf einem IS-Kanal gefunden.
«So viele Juden wie möglich töten»
Im Video nennt sich der Täter Ahmed al-Dabbah, trägt wie auf den Fotos seiner Verhaftung Kapuzenpulli. Er spricht von «Gotteslästerung», für die er Beweise habe. Dann schwört der Selnau-Angreifer der Terrororganisation IS die Treue. Anschliessend fährt er fort, dass er «eine Synagoge überfallen und versuchen wolle, so viele Juden wie möglich zu töten». Dann wolle er auf die Strasse gehen und versuchen, alle Ungläubigen «da draussen abzuschlachten». Wann das Video aufgezeichnet wurde, ist unklar. Fakt ist: Der junge Mann hat seine düstere Ankündigung in die Tat umgesetzt.
Fehr bestätigte an der Pressekonferenz auch Informationen, die bereits am Sonntag in der jüdischen Community die Runde gemacht hatten: Der jugendliche Messerstecher wurde als kleines Kind in der Schweiz eingebürgert, seine Eltern stammen aus Tunesien.
Der Täter wohnt laut den Behörden nicht in der Stadt Zürich. «Es wird davon ausgegangen, dass er nicht regelmässig Kontakt mit Jüdinnen und Juden hatte.» Die Ermittler gehen nicht davon aus, dass er Juden persönlich gekannt hat. Unklar bleibt, ob er allein handelte – und wie er in der Schweiz radikalisiert wurde. Hier gibt es keinerlei offizielle Informationen – um die noch immer laufenden Ermittlungen nicht zu gefährden.
Mit Blick auf das jugendliche Alter des Tatverdächtigen sprach der Sicherheitsdirektor davon, dass der Anschlag Diskussionen um eine Verschärfung des Jugendstrafrechts Vorschub leisten dürfte. Es müssten Mittel geschaffen werden, um einen solchen Täter «dauerhaft aus dem Verkehr ziehen zu können». Denn: Wegen des jugendlichen Alters könne der Täter höchstens vier Jahre weggesperrt werden – mit 19 wäre er also wieder auf freiem Fuss.
«Das jüdische Leben wird weitergehen»
Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerisch Israelitischen Gemeindebundes, war ebenfalls an der Pressekonferenz anwesend. Und konnte gute Nachrichten verkünden: Das Opfer ist offenbar ausser Lebensgefahr. «Es geht ihm besser, aber seine Verletzungen sind sehr ernsthaft», so Kreutner. Der 50-Jährige war vor der Attacke in der Synagoge, wollte beim Tatort seine Familie besuchen, als er an der Eingangstür angegriffen wurde.
Kreutner bestätigte auch: Das beherzte Eingreifen von Passanten hat am Terror-Abend vielleicht Leben gerettet. «Sie haben etwas Schlimmeres verhindert», sagte er. Auf den Leserbildern von der Verhaftung ist zu erkennen, wie mehrere Männer den Messerstecher umzingeln.
Trotz der enormen Verunsicherung: Kreutner machte klar, dass der Terrorismus in der Schweiz sein Ziel nicht erreicht hat – auch nach dem blutigen Samstag von Zürich nicht. «Das jüdische Leben wird weitergehen. Wir werden uns nicht verstecken. Angst und Verunsicherung dürfen nicht überhandnehmen, das ist ja das Ziel dieser Terroristen.»
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