17 Monate sass Natallia Hersche (52) in Belarus in Haft. Sie wurde im September 2020 in Minsk festgenommen, als sie an einer Kundgebung gegen das Lukaschenko-Regime teilgenommen hatte. Mitte Februar wurde die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin aus dem Gefängnis in Mogilev entlassen.
Im Interview mit der «NZZ am Sonntag» sagt sie, dass sie sich weiter politisch engagieren möchte. Anfang März wird Hersche auch einen politischen Ausflug ins Bundeshaus machen. Über die Einladung der St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi freue sie sich sehr, sagte sie der Zeitung.
Auch die Entlassung sei eine Erleichterung gewesen, sie habe anfänglich aber auch etwas Mühe gehabt, sagte die 52-Jährige im Interview. Denn: «Es fühlte sich an wie ein Austausch.» Die Schweiz anerkenne, indem die neue Schweizer Botschafterin dem belarussischen Aussenministerium eine Kopie ihres Beglaubigungsschreibens überreiche, Präsident Alexander Lukaschenko – und im Gegenzug komme sie frei, so Hersche.
«Aufgestanden, um eine Lüge eine Lüge zu nennen»
Etwas beruhigt habe sie, dass der stellvertretende Staatssekretär im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Johannes Matyassy, an der Medienkonferenz am Flughafen Zürich betont habe, dass die Schweiz keine Regierungen anerkenne, sondern nur Staaten.
Hersche, die in St. Gallen lebte, hatte die Politik in Belarus seit Jahren verfolgt und auch Leserbriefe geschrieben, wie sie der Zeitung sagte. «Ich bin immer aufgestanden, um eine Lüge eine Lüge zu nennen.» Rund um die Präsidentschaftswahlen im Sommer 2020 habe es viele Lügen gegeben. «Ich musste etwas tun.»
In engen, kalten Raum gesteckt
Ihren Gefängnisaufenthalt beschreibt sie als dunkle Zeit. «Es war das Schlimmste, das ich erleben musste, es war Folter.» Als sie sich geweigert habe, Uniformen zu nähen, sei sie in einen engen, kalten und feuchten Raum gesteckt worden. Sie habe auf einem Holzbett ohne Matratze und Decke schlafen müssen. Um sich aufzuwärmen, habe sie begonnen, an Ort und Stelle zu joggen.
Dass sie ihre Kraft nicht verloren hat, begründet sie im Interview mit ihrem Kampf für Gerechtigkeit: Sie habe sich gesagt, dass sie sich gegen das ungerechte Urteil wehren werde, wo immer sie auch sei. Ähnlich erklärt sie den Umstand, weshalb sie kein Gnadengesuch unterschrieben habe, um freizukommen: «Weil ich unschuldig bin.» (SDA/gin)
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