Wegen Protest verhaftet
Schweizerin seit Monaten im Folter-Knast in Belarus

Die Schweizerin Natallia Hersche wurde im Herbst 2020 in Belarus festgenommen, weil sie gegen Machthaber Alexander Lukaschenko protestierte. Unterdessen sind ihre Haftbedingungen so schlecht geworden, dass sie in den Hungerstreik getreten ist.
Publiziert: 01.02.2022 um 18:36 Uhr
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Da konnte sie noch lachen: Natallia Hersche wurde im Herbst 2020 in Belarus festgenommen.
Foto: PD

Seit dem 19. September 2020 sitzt Natallia Hersche (52) in einem belarussischen Gefängnis. Die schweizerisch-belarussische Doppelbürgerin wurde festgenommen, als sie in der Hauptstadt Minsk an einer Demonstration gegen den Diktator Alexander Lukaschenko (67) mitlief. Extra dafür war sie von St. Gallen nach Minsk gereist. Nicht ahnend, dass sie für eine lange Zeit nicht mehr zurückkehren wird.

Das Regime wirft ihr vor, einem Polizisten bei der Verhaftung die Sturmhaube vom Kopf gerissen und ihn dabei gekratzt zu haben. Für diesen angeblichen Übergriff gegen die Staatsgewalt wurde Hersche zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt.

Nun hat ihr Bruder mit dem Internetmedium Radio Swoboda gesprochen und dem «Tages-Anzeiger» seine Aussagen bestätigt. Demnach geht es Natallia Hersche derzeit sehr schlecht.

Bruder spricht von «Folter»

Seine Schwester sei am Sonntag in den Hungerstreik getreten, weil die Zustände im Gefängnis unerträglich seien. Seit einiger Zeit laufe in ihrer Zelle über einen Lautsprecher von 6 bis 22 Uhr ununterbrochen das Radioprogramm des Staatssenders in voller Lautstärke. Bitten der Gefangenen, das Radio leiser zu stellen, würden ignoriert.

Der Bruder spricht von «Folter». In ihrer Zelle sei es zudem kalt und das Essen so schlecht, dass Hersche nur noch 53 Kilogramm wiege.

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Sie sitzt in einem besonders strengen Knast

Seit Hersche in Gefangenschaft kam, habe sie schon fünfmal das Gefängnis wechseln müssen. Im März 2021 trat sie bereits für mehrere Wochen in den Hungerstreik, um gegen die verordnete Zwangsarbeit in ihrem damaligen Gefängnis zu protestieren. Seit Oktober sitzt sie in ihrem aktuellen Gefängnis in Mogiljow. Dieses gilt als besonders streng.

Zu Beginn ist Hersche laut ihrem Bruder über die Verlegung trotzdem froh gewesen, da sie in eine Einzelzelle eingesperrt ist und nicht mehr an gemeinsamen Arbeiten mit anderen Frauen teilnehmen muss.

Doch nun habe das Lukaschenko-Regime die Zügel bei der einzigen ausländischen Gefangenen angezogen. Ihr Tagebuch sei konfisziert worden, Schreibsachen und Briefpapier würden ihr verweigert. Zudem würden viele Briefe an sie zurückgehalten.

Hilft die Diplomatie?

Wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, wird die Schweiz in den nächsten Tagen eine neue Botschafterin nach Minsk schicken. Sie soll sich mit Lukaschenko treffen und auch über das Schicksal der Schweizer Gefangenen sprechen.

Dieses Treffen habe allerdings bei der belarussischen Opposition heftige Proteste ausgelöst. Die Schweiz legalisiere mit dem Antrittsbesuch der Botschafterin einen Terroristen, zitiert die Zeitung aus dem Telegram-Chat einer Oppositionsgruppe.

Der ehemalige Kulturminister Pawel Latuschko sprach laut «Tages-Anzeiger» von «einer Beleidigung für die Gefühle aller weissrussischen Bürgerinnen und Bürger. Vor allem jener, die aus politischen Gründen im Gefängnis sitzen oder vor der Diktatur Alexander Lukaschenkos ins Ausland flüchten mussten». (vof)

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