Nachgefragt bei EDA-Mann Reto Wollenmann über die Haltung der Schweiz zu Killerrobotern
«Wir wollen keine Killerroboter»

Die Schweiz will autonome Waffen ausdrücklich verbieten, die die Anforderungen des humanitären Völkerrechts nicht erfüllen. Reto Wollenmann vom EDA erklärt, warum ein internationales Abkommen noch in weiter Ferne liegt.
Publiziert: 15.01.2023 um 00:38 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2023 um 14:50 Uhr
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Reto Wollenmann ist stellvertretender Sektionschef Rüstungskontrolle beim Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA.
Interview: Marguerite Meyer und Ariane Lüthi

Herr Wollenmann, Sie sind im Aussendepartement zuständig für Rüstungskontrolle, Abrüstung und Cybersicherheit. Was ist die Schweizer Haltung zu autonomen Waffen?
Reto Wollenmann: Die Schweiz will keine Killerroboter! Sie positioniert sich deshalb klar gegen die Entwicklung von vollständig autonomen Waffen. Gleichzeitig ist künstliche Intelligenz heute eine Realität und per se auch nicht schlecht. Wir nutzen sie überall im Alltag. Aber bei Waffensystemen braucht es klare rechtliche und ethische Grenzen für die Autonomie.

Wie will die Schweiz diese Frage international regeln?
Die Schweiz setzt sich für eine internationale Regelung ein. Sie will autonome Waffen ausdrücklich verbieten, die die Anforderungen des humanitären Völkerrechts nicht erfüllen könnten. Solche Waffen wären ein Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht und ethisch höchst bedenklich. Zusätzlich will die Schweiz, dass der Einsatz aller anderen autonomen Waffen international kontrolliert und reguliert wird. Man muss der Autonomie klare Grenzen setzen. Dazu gehört, dass der Mensch die Kontrolle behält und die Verantwortung trägt. Die Entscheidung über Leben oder Tod eines Menschen darf nicht einem Algorithmus überlassen werden. Die Schweiz unterstützt die Verhandlungen in Genf, die diese Grundsätze in einem Protokoll festhalten wollen.

Was ist der Stand der Verhandlungen?
Die Arbeiten der Expertengruppe in Genf laufen seit 2014. Wir haben schon wichtige konzeptionelle Fortschritte erzielt. So einigten sich die Staaten 2019 auf elf Leitprinzipien. Die Einhaltung des humanitären Völkerrechts ist oberstes Gebot. Leider sind die Verhandlungen mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Immerhin hat man sich darauf geeinigt, die Gespräche im nächsten Jahr weiterzuführen.

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Wie realistisch ist derzeit ein internationales Abkommen, um diese Waffensysteme zu regulieren?
Ein Abkommen, das von den Grossmächten und den technologisch fortschrittlichsten Staaten unterstützt wird, liegt leider noch nicht in Reichweite. Und ein Abkommen ohne diese Staaten hätte wohl lediglich symbolischen Charakter.

Wo hapert es?
Zahlreiche Fragen sind offen. Es fängt bei der Definition an, was autonome Waffen sind, was erlaubt sein soll und was nicht. Und es stellt sich die Frage, wie die Einhaltung von Regeln kontrolliert werden könnte.

Welche Staaten stellen sich konkret quer?
Russland war schon immer skeptisch, und seit Februar sind Rüstungskontrollfragen noch schwieriger geworden. Weil die Expertengruppe Entscheide im Konsens fällen muss, kann ein einziges Land diese blockieren. Aber alle anderen Staaten scheinen prinzipiell ein Ergebnis zu wollen. Wie weitreichend eine Regelung ist und ob diese die Form eines internationalen Vertrags oder eher einer Erklärung annimmt, darüber ist man sich heute noch nicht einig.

Was macht die Schweiz, wenn die bisherigen Bemühungen für eine internationale Regulierung scheitern?
Die Anzahl der Staaten, die sich für eine griffige internationale Regelung einsetzen, wächst. Im letzten März reichte die Schweiz zusammen mit 23 anderen Staaten einen Vorschlag in Genf ein. Dieser wurde an der Uno in New York auf ein Statement von 70 Staaten ausgebaut. Es geht also vorwärts, wenn auch nur langsam. Die Bemühungen sind langfristig.

Die Recherche wurde unterstützt von einem Stipendium des Journafonds.


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