Der Aargau greift durch – und führt das härteste Maskenregime der Schweiz ein. Seit Dienstag, 18 Uhr, müssen alle Bar- und Clubbesucher eine Maske tragen. Sogar im Sitzen. «Dort besteht ein sehr hohes Ansteckungsrisiko», begründete Kantonsärztin Yvonne Hummel (50) den Entscheid.
Doch nicht nur die Maskenpflicht sorgt für Aufsehen. Auch die Anzahl der Gäste in den Bars und Clubs wurde auf 50 Personen beschränkt. BLICK ging am Dienstagabend in Baden AG auf Beizentour und stellte schnell fest: Die neuen Massnahmen kommen bei den Wirten nicht gut an. «Wir sind sehr enttäuscht», sagt Christian Schneitter (34), Geschäftsführer der Bar Laden 5, zu BLICK. Er weiss: «Für uns hat das sehr einschneidende Konsequenzen.»
«Es ist einfach nur lachhaft»
Auch Nicole Brack (44), die Chefin der Walter Bar, kann nur den Kopf schütteln: «Es ist für mich völlig unverständlich. Ja, einfach nur lachhaft.» Was sie besonders ärgert, sei die Unterscheidung zwischen einer Bar und einem Restaurant.
Restaurants sind nämlich von der neuen Regelung ausgeschlossen, wie Michel Hassler, Leiter Kommunikation im Departement Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau, gegenüber BLICK bestätigt. «Die neuen Massnahmen gelten für Bars und Clubs. In den Restaurants gilt keine Maskenpflicht im Sitzen. In den anderen Betrieben, die möglicherweise tagsüber ein Café sind und abends eine Bar, müssen wir die Einzelfälle anschauen. Die Konzepte sind in der Praxis fliessend.»
Beizerin Brack kann das nicht verstehen. «Wir servieren doch auch Essen. Warum dürfen die Leute im Restaurant stundenlang sitzen und essen, und meine Gäste müssen nach jedem Schluck Bier wieder die Maske aufsetzen?» Sie mache sich nun Sorgen, dass die Kundschaft ausbleibt.
«Ich muss doch frische Luft holen können»
Bei ihren Gästen lösen die Massnahmen ebenfalls gemischte Gefühle aus. «Das ist für mich sehr mühsam und überhaupt nicht angenehm, ich muss doch zwischendurch frische Luft holen können», sagt Rrahim Istrefi (69). Auf seinen Wein möchte der pensionierte Gastronom trotzdem nicht verzichten. Genau wie der 66-jährige Marco Gamma. «Ich werde mit Sicherheit weiterhin Bier trinken gehen. Ich wurde in den Bars immer gut bedient, wenn ich jetzt mein Bier zu Hause trinke, dann würde ich sie ja nicht unterstützen.»
Auch das Ehepaar Benz aus Wettingen AG ist kein Fan der Verschärfungen. «Es fühlt sich sehr komisch an. So kann man es doch gar nicht mehr richtig geniessen», sagt Ehemann Michael (56). Und seine Frau Katharina (50) pflichtet ihm bei: «Ein Hohn, es trifft immer die Falschen.»
Patrick Troxler (38) aus Dättwil AG pfeift auf die Maskenpflicht. «Das ist so ein Blödsinn!» Er ist selbst Geschäftsführer eines Restaurants und findet es «absolut unverständlich», dass für Bars und Restaurants zwei Standards gelten. Trotz der neuen Regelung bleibt er in der Walter Bar ohne Mundschutz sitzen – und verspricht: «Wenn die eine Busse bekommen, zahle ich die!»
Auf den Gastro-Aargau-Präsidenten Bruno Lustenberger sind Troxler und Brack gar nicht gut zu sprechen. «Wir unterstützen die Massnahme, da es sich hier um einen Hotspot handelt», sagte Lustenberger nach dem Entscheid der Behörden. «Ich verstehe das nicht. Eigentlich sollte er für uns Gastronomen Lösungen finden. Ich bin von seinen Statements sehr enttäuscht», sagt Nicole Brack. «Das ist eine richtig peinliche Geschichte», sagt Troxler.
«Lieber zu Hause mit Freunden was trinken»
Medizinstudentin Seline Schmid (22) hat dagegen vollstes Verständnis für die Massnahme. «Ich bin schon froh darüber. Da man immer noch nicht genau weiss, wo man sich ansteckt, finde ich es gut, dass man auf Nummer sicher geht.» Allerdings würde ein Barbesuch unter diesen Umständen weniger Spass machen, sagt sie. «Dann würde ich lieber zu Hause mit meinen Freunden was trinken. In eine Bar würde ich unter den aktuellen Umständen wohl nur gehen, wenn es was Grösseres zu feiern gibt.»
Auch Student Gian Schmid (27) wird die Party künftig eher in die eigenen vier Wände verlagern. «Ich finde die Regel absurd, weil ich mir nicht vorstellen kann, wie das in der Praxis funktionieren soll. Ich bin absolut dafür, dass Massnahmen ergriffen werden, aber diese ist einfach sehr schwer umzusetzen.»
Die Lust aufs Feiern ist dem Ingenieur-Paar Patrick Sütterlin (33) und Layla Sadi (29) bereits vor einiger Zeit vergangen. «Wir sind die letzten Wochen eh nicht mehr in eine Bar gegangen. Wir haben die Lust dazu nicht mehr so gespürt. Die Stimmung ist einfach nicht die gleiche», sagt er. Dass sich der Kanton für die Verschärfung entschieden hat, finden sie jedoch nicht weiter tragisch. «Es ist am Anfang sicher unangenehm und mühsam, immer daran zu denken. Aber wenn es der Sicherheit von allen dient, dann kann man sich daran halten», sagt seine Freundin.
Wie viele Corona-Neuinfektionen gibt es in der Schweiz? Die täglichen Fallzahlen des BAG gibt es laufend im Statistik-Ticker auf BLICK.
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