Jennifer S. zeigt ihren Bauch im Video
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Sie bricht in Tränen aus:Jennifer S. zeigt ihren Bauch im Video

Jede dritte Mama ist betroffen – beim Bauch von Jennifer S. (29) ist es extrem
«Die Leute schauen mich angeekelt an»

Jennifer S. (29) ist ein fröhlicher Mensch. Doch nach der Geburt des zweiten Kindes blieb ein riesiger Spalt im Bauch – und der Oberbauch ist stark gewölbt. Diese sogenannte Rektusdiastase betrifft viele Mütter. Und nimmt Jennifer S. die Freude am Mama-Dasein.
Publiziert: 21.03.2024 um 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 21.03.2024 um 10:49 Uhr
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Jennifer S. (29) ist seit ihrer letzten Schwangerschaft völlig verzweifelt.
Foto: Philippe Rossier

Traurig blickt Jennifer S.* (29) aus dem Fricktal auf ihren Bauch. Ein tiefer, verzweifelter Schnauf ist zu hören. Die beiden Schwangerschaften haben ihre Spuren hinterlassen. Doch nicht die Streifen oder die überschüssige Haut stören die junge Mutter in erster Linie, sondern der enorme Spalt zwischen ihren geraden Bauchmuskeln, wodurch ein stark vorgewölbter Oberbauch sichtbar ist.

«Das ist mein Ballon», sagt die Aargauerin mit gequältem Lächeln. Mit ihm verbinde sie eine Hassliebe: «Mein Körper – speziell mein Bauch – hat viel geleistet, dafür bin ich ihm dankbar. Aber das hier, das hasse ich.» Sie geht an die Öffentlichkeit, um das Tabu zu brechen. Denn jede dritte Mama leidet auch noch ein Jahr nach der Geburt unter dem Spalt am Bauch.

Im Fachjargon wird diese Entwicklung Mittellinienbruch oder auch Rektusdiastase genannt. Diese bildet sich bei jeder Schwangerschaft: Die geraden Muskeln verschieben sich zur Seite hin, um dem wachsenden Baby Platz im Bauch zu ermöglichen. Rund ein Jahr nach der Geburt sollte sich der Spalt wieder zurückgebildet haben – doch viele Betroffene leiden gemäss Experten auch nach dieser Zeit darunter.

So machte die Moderatorin und vierfache Schwingerkönigin Sonia Kälin vor kurzem auf ihren 4,5 Zentimeter Spalt und die damit verbundenen Leiden aufmerksam. Auch die Fricktalerin Jennifer S. hat zu kämpfen: «Mit diesem Bauch fällt mir das Leben als Mama schwer.» Laut Ärzten ist die Rektusdiastase in ihrem Fall nur operativ behandelbar. Genau das stellt die junge Mami jetzt vor Herausforderungen.

Schnell wachsender Babybauch

Ihr Bauch wächst 2022 während ihrer zweiten Schwangerschaft rascher als bei der vergangenen und wird extrem gross. Zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die Rektusdiastase. Im Februar 2023 kommt schliesslich ihre zweite Tochter gesund zur Welt. Jennifer S. beginnt kurz darauf mit der Rückbildung. Doch der Spalt und der vorgewölbte Oberbauch bleiben, die Muskeln scheinen sich nicht in die alte Position zurück zu verschieben. Ihr Körper hat an Halt verloren.

Dies führt zu Schmerzen: «Ich habe Rücken- und Kopfweh sowie Schwierigkeiten mit der Verdauung», sagt Jennifer S. Auch die Spielzeit mit ihren Kindern leide darunter: «Ich kann sie nicht hochnehmen oder mit ihnen rangeln, weil ich Schmerzen habe. Kommen sie etwas gröber an meinen Bauch ran, tut es ebenfalls höllisch weh.»

Angeekelte Blicke

Die Kugel fordere sie auch mental: «Mich in der Öffentlichkeit – wie beispielsweise im Schwimmbad – zu zeigen, ist extrem schwierig für mich», sagt Jennifer S. «Mache ich es doch, schauen mich die Leute angeekelt an und tuscheln über mich.» All das setze ihr enorm zu. «Ich würde dann am liebsten im Erdboden versinken. Trotzdem überwinde ich mich für meine Kinder.» Höhepunkt dieses Spiessrutenlaufs sei jeweils die Frage, ob sie schwanger sei. «Deshalb bin ich lieber zu Hause, wenn ich nicht gerade zur Arbeit oder ins Fitnessstudio muss.»

Auch die Beziehung zu ihrem Mann leide: «Es fällt mir schwer, so mit ihm intim zu werden.»

Kostenübernahme noch offen

Aufgrund ihrer Beschwerden überweist ihr Frauenarzt sie an zwei plastische Chirurgen. Mit ernüchternden Ergebnissen: Die Experten bestätigen eine Rektusdiastase, vermuten gar einen Nabelbruch. Die Breite des Spalts wird auf 15 Zentimeter geschätzt.

Doch bei beiden fühlt sich die junge Frau nicht gut aufgehoben. «Sie sind nicht wirklich auf mich, meine Beschwerden und meine Wünsche eingegangen. So sollte ich zuerst weiter abnehmen, bevor ich operiert werde und auch garantieren, dass ich nicht mehr schwanger werde», berichtet Jennifer S. Dabei arbeite sie schon länger mittels Ernährungsberatung und Fitnessübungen an ihrem Gewicht. Auch sei sie noch zu jung, um eine weitere Schwangerschaft komplett auszuschliessen. «Ausserdem will ich die Zeit mit meinen Kindern jetzt geniessen, solange sie klein sind und mit mir spielen wollen. Wieso die OP also so lange hinausschieben?»

Unklar ist auch, inwiefern ihre Krankenkasse für die Operation aufkommen wird: «Ich wünsche mir eine Rekonstruktion des Mittellinienbruchs sowie eine Straffung des Unterbauchs. Doch Letztere würden Versicherungen laut den Experten nur in Ausnahmefällen übernehmen», erklärt Jennifer S. Das Geld – je nachdem ein fünfstelliger Betrag – hat die junge Mutter schlichtweg nicht.

Sie sagt: «Ich möchte doch für mich und meine Kinder einfach mehr Lebensfreiheit zurückgewinnen. Und dies geht nur, wenn ich keine Schmerzen und einen halbwegs normalen Bauch habe.»

* Name geändert

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