Hiobsbotschaft für viele Patienten des Kantonsspitals Aarau (KSA): Das Spital ist gezwungen, wieder Operationen zu verschieben – zum dritten Mal seit dem Corona-Ausbruch. Am Donnerstag wurde dieser Beschluss gefällt, wie die «Aargauer Zeitung» schreibt.
Die betroffenen Patienten im KSA würden alle direkt kontaktiert, sagt Lorenz Theiler, Chefarzt Anästhesie, der Zeitung. «Wir versuchen, für sie möglichst rasch einen Ersatztermin zu finden.»
Zwei neue Intensivbetten geschaffen
Der Grund für die OP-Neuansetzungen sei die Situation auf der KSA-Intensivstation. Mathias Nebiker, Chefarzt und Klinikleiter Intensivmedizin am KSA, sagt gegenüber der Zeitung: «Derzeit werden zehn Corona-Patienten bei uns auf der Intensivstation behandelt, sie belegen die Hälfte der Intensivbetten.» Zwei Intensivbetten würden nun neu geschaffen – und einige der «nicht dringlichen Operationen» verschoben, so Nebiker.
Am Mittwoch berichtete Blick über die prekäre Situation in einigen Schweizer Spitälern in anderen Kantonen: In Lausanne war die Intensivstation bereits letzte Woche voll und es mussten Patienten in andere Spitäler verlegt werden.
Auf der KSA-Intensivstation sei nur einer der zehn Corona-Patienten sei geimpft. Von den anderen sei mehrfach zu hören gewesen, es sei «ein grosser Fehler» gewesen, sich nicht impfen zu lassen. Nebikers Chefarzt-Kollege Lorenz Theiler befürchtet, dass diese vierte Welle wohl äusserst lange dauern wird. «Wir können unser Personal, das schon stark belastet ist, nicht über Monate weiter stark belasten.»
Jüngere Patienten und Patienten mit Migrationshintergrund
Ebenso angespannt ist die Lage im Kantonsspital Baden (KSB). Auch hier, wie in anderen Schweizer Spitälern, sei nur einer von zehn Covid-Patienten geimpft, sagt KSB-Chefinfektiologin Andrée Friedl dem SRF-«Regionaljournal». Dazu seien die Patienten jünger als in der zweiten Welle. Viele Personen hätten zudem Migrationshintergrund oder seien Ferienrückkehrer.
Im ganzen Kanton Aargau hat sich in nur einer Woche die Anzahl der Corona-Intensivpatienten in den Spitälern mehr als verdoppelt.
Zürich: «Auslastung wieder massiv angestiegen»
Im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» schlägt Intensivmedizin-Oberarzt Matthias Hilty vom Universitätsspital (USZ) in die gleiche Kerbe wie seine Aargauer Kollegen: «Die Auslastung ist wieder massiv angestiegen. Wir haben 64 Betten auf der Intensivstation, davon sind aktuell 25 bis 30 Prozent mit Covid-Patienten belegt.»
Sein Vorgesetzter Peter Steiger, leitender Arzt des Intensivmedizin-Instituts am USZ, sagt sogar: «Wir haben keinen Platz mehr.» Zurzeit sei es «ganz schwierig, Notfalleintritte zu versorgen.» Er sei Tag und Nacht am Schauen, welche Patienten man verlegen könne. «Alle anderen Spitäler sind aber auch voll, vor allem auf Intensivstationen», sagt er der Zeitung.
«Frustration und Unverständnis» über Ungeimpfte
Und die Situation ist ähnlich wie im Kanton Aargau: «Es werden bereits wieder OPs verschoben», so Steiger. «Das sind auch dringende Eingriffe am Herzen oder am Hirn oder Entfernungen von Tumoren.»
Dass es jetzt immer noch Ungeimpfte gibt, löst bei Steiger und seinen Kolleginnen und Kollegen «Frustration, aber teilweise sicher auch Unverständnis» aus, wie der leitende Arzt erzählt. «Es ist jetzt die vierte Welle. Und wir stehen erst am Anfang; wir befürchten, dass es noch schlimmer wird. Man nimmt keine Rücksicht auf uns.» (nl)