Wer hat in diesem Dossier noch den Überblick? Es bleibt den involvierten Parteien zu wünschen, dass dies wenigstens bei ihnen der Fall ist. 2018 begann dieser Umweltkrimi mit toten Forellen im Ausflussgewässer im Kandertal, seither stapeln sich die Aktenordner, die Liste der Verfahren wächst und wächst. Unter anderem ermittelte die Berner Staatsanwaltschaft gegen 13 Lastwagenfahrer. Der Hintergrund: Stefan Linder (56), Präsident der Blausee AG, reichte 2020 Strafanzeige gegen unbekannt wegen Verstosses gegen das Umweltschutzgesetz ein. Denn Linder und seine Mitstreiter sind überzeugt, dass abgelagerte Pressschlämme aus dem Kanton Zürich die Katastrophe mitverursacht haben und diese Schlämme wiederum illegal oberhalb des Blausees deponiert wurden. In der Folge reichten auch die Betreiberfirma des Steinbruchs, die SHB, sowie die BLS und die Kibag Anzeige wegen Urkundenfälschung ein.
Die Strafverfolger trennten diese Verfahren jedoch voneinander ab. Nun dürfen die Chauffeure aufatmen: Die Verfahren gegen sie wegen Verstosses gegen das Umweltgesetz wurden eingestellt. Der Staatsanwalt hält in der Verfügung vom 28. August, die SonntagsBlick vorliegt, fest, dass die angelieferten Inertstoffe nicht zu einer Umweltverschmutzung führen oder sich negativ auf die menschliche Gesundheut auswirken können.
Dennoch wurden alle 13 beschuldigten Chauffeure gebüsst, weil sie auf Anweisung ihres Chefs Lieferscheine gefälscht hatten. Dem Leiter des Transportunternehmens wird deshalb separat der Prozess gemacht.
Ein weiteres Urteil wurde zuvor in Lausanne gefällt: Das Bundesgericht hat am 24. Juni eine Beschwerde der Blausee-Besitzer abgewiesen. Diese wehrten sich beim Obergericht gegen den Beschluss der Staatsanwaltschaft, den ganzen Verfahrenskomplex in vier Teilverfahren aufzuteilen, und unterlagen. Die Richter monierten, dass es der Blausee AG nur darum gehe, dass sie als Privatkläger von einzelnen Verfahren ausgeschlossen werde. Die Beschwerdeführer zogen das Urteil ans Bundesgericht weiter. Dort sehen die Richter nun keinen Grund, die Sache anders zu beurteilen als die Vorinstanz. Und sie äussern Verständnisprobleme: So weit die Kritik der Blausee AG überhaupt auf den angefochtenen Entscheid Bezug nehme, «kann ihr in der Sache nicht gefolgt werden», heisst es im Verdikt aus Lausanne, das Blick vorliegt.
Abgeschlossen ist der Fall damit nicht – Stefan Linder und Co. wollen Gerechtigkeit für ihre Fische, in ihrem Umfeld ist von einem «Justizskandal» die Rede. Ob es sich um einen solchen handelt oder nicht, darüber scheiden sich die Geister. Man kann auf das nächste Kapitel gespannt sein.
* Hinweis: Dieser Text wurde auf Bitte einer Partei um die Information ergänzt, dass die Chauffeure nur im Umweltverfahren davonkamen, nicht aber wegen Urkundenfälschung.
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