Seit sich die Regierung für den Kauf von F-35-Kampfjets des US-Herstellers Lockheed Martin entschieden hat, wird in Bundesbern über Geld gestritten: Wie glaubwürdig ist das Angebot der Amerikaner, mit dem sie die Konkurrenz um zwei Milliarden Franken unterbieten?
Das VBS beteuert, man habe fixe Preise vereinbart, auf die man die USA behaften könne.
Doch derzeit kursiert ein Bericht des US-Rechnungshofes GAO vom 7. Juli, der die dramatische Kostenentwicklung des Tarnkappenbombers im US-Militär schildert: Demnach fällt der Aufwand für den Unterhalt bei der Airforce um 61,7 Prozent höher aus als budgetiert; wegen der Kostenexplosion kann es sich die US Army laut GAO nicht einmal leisten, alle F-35-Jets zu betreiben.
Eine Frage drängt sich auf: Liess sich der Bundesrat bei den Kosten durch seine eigenen Militärs blenden, die partout das Luxusgerät wollen? Mitnichten, signalisiert Armasuisse: Die Offerten und die darin angebotenen Beträge seien verbindlich, teilt man dem «Tages-Anzeiger» mit, der den GAO-Befund zuerst thematisierte.
Verbindliche Preise oder Schätzungen?
Unterlagen des US-Verteidigungsministeriums lassen nun allerdings erneut Zweifel an der Darstellung des Bundes aufkommen: Die Wortwahl in den Vereinigten Staaten unterscheidet sich deutlich von jener der Schweizer. Bei den Amis ist nicht von verbindlichen Preisen die Rede, sondern von Schätzungen («estimates»).
Dazu ein kurzer Abstecher ins Dickicht der Washingtoner Verwaltung: Wie Bundesrätin Viola Amherd an der Medienkonferenz vor zwei Wochen bestätigte, wird das Geschäft in den USA unter «Foreign Military Sales» taxiert, auf deutsch: Rüstungsgeschäfte mit dem Ausland. Für diese ist beim US-Verteidigungsministerium eine Abteilung namens «Defense Security Cooperation Agency» (DSCA) zuständig.
Dank der traditionellen Transparenz für öffentliche Angelegenheiten im angelsächsischen Raum sind die Vertragsbedingungen, die bei den Milliardendeals gelten, im Internet für jedermann frei zugänglich.
Die Mehrkosten bezahlt die Schweiz
In den Statuten der DSCA ist besonders das Kapitel «Financial Terms and Conditions» aufschlussreich, das die Preisgestaltung erklärt. Dort heisst es klipp und klar: «Wenn nicht anders deklariert, handelt es sich bei den Kosten um Schätzungen, die auf den bestmöglichen verfügbaren Daten basieren.»
Unter Punkt 4.1 wird wenigstens garantiert, dass Washington den Käuferstaat über allfällige Mehrkosten ins Bild setzen werde, sofern diese «einen allgemeinen Anstieg der Kosten» zur Folge hätten.
Eine weitere Klausel hält jedoch fest, dass die Pflichten des Abnehmerlandes selbst dann bestehen bleiben, wenn die US-Regierung versagt und höhere Kosten entstehen.
Und unter Punkt 4.4.1 sichern sich die Amerikaner doppelt ab: «Der Käufer verpflichtet sich, der US-Regierung sämtliche Kosten zu entrichten, auch wenn diese den ausgehandelten Preis übertreffen.» Das steht im direkten Widerspruch zu den Verlautbarungen des Bundes.
Dass eine Kostenexplosion der F-35 nicht bloss ein theoretisches Szenario ist, ist hinlänglich bekannt. Die trat nicht nur bei der US-Armee ein, sondern auch bei europäischen Partnern; prominente Beispiele sind Belgien und die Niederlande.
Armasuisse-Sprecher Kaj-Gunnar Sievert widerspricht: Das VBS beschaffe die Flugzeuge zu denselben Konditionen, die auch für die USA gelten. «In diesen Verträgen sind die Preise und die Vertragskonditionen verbindlich festgelegt und werden auch mittels einer strengen Aufsicht eingefordert.» Käme es zu Kostenüberschreitungen, so Sievert weiter, «würde der amerikanische Staat zugunsten der Schweiz beim Hersteller die Verbindlichkeit der Preise einfordern». In der über 40-jährigen Erfahrung der Armasuisse bei der Abwicklung von Foreign Military Sales-Geschäften habe sich gezeigt, «dass es in keinem der vielen Verträge zu Kostenüberschreitungen gekommen ist».