Da wären Chalets und Yachten, selbstverständlich auch Bankkonten und Beteiligungen. Nach all dem halten helvetische Beamte gerade Ausschau – mit mehr oder weniger Elan, mehr oder weniger erfolgreich.
Reiche Russen, die jetzt auf einer Sanktionsliste stehen, reagieren mit Tricks und Kniffen. Oder, wie der frühere Botschafter und heutige Unternehmensberater Thomas Borer jüngst der «NZZ» verriet: «So viel Gold und Cash auf sich nehmen wie möglich. Mit der Kreditkarte teure Uhren und Kunstwerke einkaufen, solange die Karte noch funktioniert.»
Zollfreilager dienen als diskrete Schatzkammern
Viele dieser Wertgegenstände finden sich in Zollfreilagern, deren eigentlicher Zweck darin besteht, unverzollte und unversteuerte Gegenstände zwischenzulagern. Doch statt Ein- und Ausfuhren zu vereinfachen, dienen diese Lager längst auch als diskrete Schatzkammern für Gold, Kunstwerke, Uhren, Wein oder Antiquitäten.
Anders als Banken fallen Zollfreilager nicht unter das Geldwäscherei-Gesetz. Zwar sind Kulturgüter inventarpflichtig, ihre Besitzer verstecken sich aber gern hinter Offshore-Konstrukten. Ab und zu fällt trotzdem etwas Tageslicht in diesen Graubereich: Einmal beschlagnahmten Fahnder die Goldbarren eines dubiosen Olympia-Funktionärs, dann kam antikes Raubgut aus dem syrischen Palmyra zum Vorschein. Allein im Genfer Lager, einem fensterlosen Betongebäude, sollen Werte von mehr als 100 Milliarden Franken schlummern.
Zolllager werden unter die Lupe genommen
Zur Durchsetzung der Sanktionen gegen Russland schaute sich der Schweizer Zoll nun seine sieben Zollfreilager und 174 offenen Zolllager genauer an. Die magere Ausbeute, so das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit gegenüber SonntagsBlick: ein einziger Fall.
Das ist kein Wunder. Zwar werden Zöllner von Experten des Bundesamts für Kultur geschult, bei komplexen Fällen ziehen die Zöllner Archäologen, Kunsthistoriker oder weitere Experten hinzu. Doch der Kunstrechtsexperte Andrea Raschèr warnt: «Schnell ist eine falsche Spur gelegt. Im Nu hat ein Gemälde einen neuen Namen.»
Tatsächlich sei in drei Fällen eine Überprüfung der Sanktionen nicht möglich gewesen, so der Zoll zu SonntagsBlick – die Aufzeichnungen des Bestandes hätten nicht vorgelegen. Daher habe man die betreffenden Räume verschliessen lassen. Details zu Betroffenen und Werten nennt die Behörde nicht.
Geldwäsche über den Kunsthandel
In diesem Zusammenhang lebt nun aber eine andere Diskussion wieder auf: Ob über den Kunstmarkt Gelder gewaschen und Sanktionen umgangen werden können.
Im Ausland kam dies schon vor. So gelang es den Oligarchenbrüdern Arkadi und Boris Rotenberg, Judo-Kumpels von Wladimir Putin, René Magrittes Werk «La Poitrine» für 7,5 Millionen Dollar zu erstehen – obwohl sie auf einer Sanktionsliste standen. Die Rotenbergs nutzten eine Briefkastenfirma in New York (USA).
Jon Pult, SP-Nationalrat aus Graubünden, hat deshalb die Motion «Keine Umgehung der Sanktionen. Unterstellung des Kunsthandels unter das Geldwäschereigesetz» eingereicht. Sein Motiv: Hierzulande gälten zwar Sorgfaltspflichten bezüglich der Herkunft von Kulturgütern, die Herkunft des Geldes für deren Kauf jedoch sei nur schwach geregelt.
Schweizer Kunsthändler und Auktionatoren müssen diese nur kontrollieren, wenn sie mehr als 100'000 Franken in bar entgegennehmen. In der EU gilt die Vorschrift bereits bei 10'000 Franken. Experte Raschèr befürchtet ein Reputationsrisiko: «Es ist wichtig, dass der Kunstmarkt zur Lösung des Problems beiträgt, bevor die Schweiz wieder am Pranger steht.»
Geschäftsführer des Verbands Kunstmarkt Schweiz ist anderer Meinung
Dazu Andreas Ritter, Geschäftsführer des Verbands Kunstmarkt Schweiz: «Es gibt keinen einzigen Fall, keinen Gerichtsentscheid in der Schweiz, der Geldwäsche im Schweizer Kunstmarkt beschlägt.» Daran ändere auch die Diskussion um Oligarchenvermögen nichts. Redliche Händler tätigten Geschäfte über ihre Hausbank, der auch die Herkunftsprüfung der Gelder obliege.
Es sei ein Märchen, so Ritter, dass Unbekannte in einer Galerie wertvolle Bilder kaufen können, ohne dass die Herkunft des Geldes geprüft werde. «Ein seriöser Händler wird bereits heute kein Bargeld über der EU-Grenze von 10'000 Franken entgegennehmen.» Sowieso lägen bloss fünf Prozent der Geschäfte bei Verkäufen über 50'000 Franken.