Das Lamentieren um die Umsetzung der Sanktionen gegen russische Oligarchen in der Schweiz muss aufhören, die Zeit der Ausreden ist vorbei. Die Stimmen, die mit der Umsetzung der Sanktionen unzufrieden sind, werden immer lauter – und kommen nicht nur von links. Im Blick verlangten die bürgerlichen Parteichefs Gerhard Pfister (59) und Thierry Burkart (46), dass der Bund über die Bücher geht und die Verordnung nachbessert, in der die Sanktionen geregelt sind.
Im Interview mit der «SonntagsZeitung» doppelt der Rechtsprofessor Peter V. Kunz (57) nach und fordert, dass die Steuerbehörden und andere Behörden, ebenso wie etwa die Banken, ihre aktuellen Register und Datenbanken durchforsten und genau nachschauen müssten, ob darin Personen oder Institutionen vorkommen, die auf der Sanktionsliste stehen.
Sie könnten jetzt nicht einfach die Hände in den Schoss legen und nichts tun, sagt Kunz und räumt auch mit der Ausrede auf diverse Amts- und Berufsgeheimnisse auf: «Die Rechtslage ist klar. Die Steuerbehörden können das Steuergeheimnis nicht vorschieben, denn jüngeres Bundesrecht bricht kantonales Recht. Und auch Anwälte können sich nicht auf das Anwaltsgeheimnis berufen. Auch sie müssen Vermögenswerte von Sanktionierten melden, in jedem Fall.»
Keine Vorverurteilung
So weit, so klar: Die Schweizer Behörden müssen ihre Hausaufgaben erledigen. Dabei sind noch ordentlich im Rückstand. Allerdings warnt Kunz davor, bei der Jagd nach Oligarchgeldern rechtsstaatliche Grundsätze zu verletzten: «Auch Oligarchen haben Anrecht auf eine rechtsstaatlich korrekte Behandlung. Wenn wir jetzt zur Oligarchenjagd blasen, werden wir zur Bananenrepublik.»
Es gehe nicht, dass zum Beispiel recherchiert werde, ob ein Russe, der nicht auf der Sanktionsliste steht, Verbindungen zu einer sanktionierten Person habe. Eine aktive Umfeldrecherche sei rechtsstaatlich unhaltbar.
Kunz warnt auch vor einer pauschalen Vorverurteilung: «Wir haben eine eigentliche Hexenjagd gegen alle Russen, denen schon fast eine Kollektivschuld unterstellt wird.» Ein berechtigter Einwand, dürften einige Russen auch deshalb in der Schweiz und im Westen leben, weil sie mit dem Putin-Regime alles andere als einverstanden sind. (SDA/koh)