Seit Freitag steht fest: Die «Ehe für alle» kommt vors Volk. Konservative Gegner der gleichgeschlechtlichen Heirat haben die nötigen Unterschriften gesammelt. Am Montag wollen sie diese in Bern einreichen.
SVPler wollen für «Ehe für alle» kämpfen
Bisher hat sich als einzige Grosspartei die SVP gegen die Gesetzesrevision ausgesprochen. «Die SVP lehnt die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ab», schrieb sie in einer Medienmitteilung. Für die Partei sei klar, dass die Ehe ausschliesslich Frau und Mann vorbehalten sei.
Doch nun regt sich Widerstand gegen diese Position. Prominente SVPler haben ein Komitee gegründet, mit dem sie für die «Ehe für alle» kämpfen wollen. Initiiert wurde die Aktion vom Zürcher SVP-Politiker Michael Frauchiger. Gegenüber SonntagsBlick bestätigt er: «Wir sind daran, uns zu formieren.» Das Interesse in der Partei sei gross: «Wir wollen der Parteileitung zeigen, dass auch innerhalb der SVP viele die Ehe für alle befürworten.»
Staat soll nicht über Ehe entscheiden
Dutzende SVP-Politiker haben bereits ihre Unterstützung zugesagt, darunter mehrere Nationalrätinnen und Nationalräte. Eine von ihnen ist die Aargauerin Martina Bircher: «Wenn zwei Menschen heiraten und damit ihr Glück finden, ist es für mich unerheblich, welches Geschlecht sie haben.» Die Ehe sei eine private Entscheidung, die der Staat nicht verbieten dürfe.
Auch Nationalrat Thomas Hurter (SH) ist Mitglied im SVP-Komitee. «Ich habe kein Problem damit, wenn zwei gleichgeschlechtliche Menschen zusammen eine Ehe führen wollen», sagt er. Ihm gehe es zudem um das Kindeswohl. «Damit werden Kinder gleichgeschlechtlicher Paare den anderen Kindern gleichgestellt.»
SVP-Spitze politisiert an Basis vorbei
Neben Bircher und Hurter wollen sich viele weitere SVPler engagieren. Auch Nationalrätin Nadja Pieren (BE), der Basel-Städter Grossrat Joël Thüring und der Bieler Sozialdirektor Beat Feurer sind Mitglieder des Komitees.
Vieles deutet darauf hin, dass die SVP-Spitze in dieser Frage an ihrer Basis vorbeipolitisiert. SVP-Präsident Marco Chiesa ist selbst Mitglied im Referendumskomitee «Nein zur Ehe für alle». Für ihn sei die Familie und damit die Ehe zwischen Frau und Mann «ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft». Der Parteichef meint: «Ich denke, eine Mehrheit unserer Basis wird sich dafür aussprechen, dass die Ehe für Frauen und Männer reserviert bleiben soll.»
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Schwulenorganisation Pink Cross aus dem Jahr 2020 lässt an dieser Einschätzung allerdings Zweifel aufkommen. Demnach sprechen sich zwei Drittel der SVP-Wählerinnen und -wähler für die Ehe für alle aus. Mehr noch: Sogar bei der Samenspende für lesbische Paare – die mit der Gesetzesrevision ebenfalls erlaubt werden soll – zeigt sich die SVP-Basis offen. Knapp die Hälfte ist dafür.
Konservative Rechte sollen überzeugt werden
Michael Frauchiger, Initiator des SVP-Komitees, blickt der Abstimmung denn auch zuversichtlich entgegen. «Sobald das Abstimmungsdatum bekannt ist, werden wir mit unserer Kampagne loslegen», kündigt er an. Ziel sei, auch Menschen am rechten, konservativen Rand zu überzeugen.
Die SVP-Politiker wollen im Abstimmungskampf eng mit dem überparteilichen Pro-Komitee zusammenarbeiten, einem Zusammenschluss von sechs LGBT-Organisationen.
Diese reagierten mit einem kämpferischen Communiqué auf das Zustandekommen des Referendums. Einige Gesellschaftsgruppen schienen noch immer nicht bereit, gleichgeschlechtliche Liebe als gleichwertig zu akzeptieren, schrieben sie. Und: «Wir werden die Gleichberechtigung erkämpfen!»