Katar provoziert Israel
Nahost-Konflikt auf Schweizer Boden

An der Seite der Amerikaner und der Hamas: Seit Jahren spielt Katar ein doppeltes Spiel. Im Genfer UN-Gebäude verärgert der Wüstenstaat Israel.
Publiziert: 31.12.2023 um 14:24 Uhr
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Aktualisiert: 31.12.2023 um 15:06 Uhr
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Die israelische Botschafterin Meirav Eilon Shahar wirft Katar vor, eine antiisraelische Ausstellung im Genfer Uno-Gebäude gesponsort zu haben.
Foto: AFP
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Es sind deutliche Worte, mit denen die israelische Botschafterin in Genf, Meirav Eilon Shahar (54), bei Uno-Generaldirektorin Tatiana Walowaja (65) interveniert: In einem Schreiben, das Blick vorliegt, beschwert sie sich über Missstände im Genfer Uno-Gebäude. Eilon Shahar prangert die «Verbreitung von Propaganda und Fehlinformationen» an. Als Urheber beschuldigt sie Katar.

Stein des Anstosses ist eine von Katar gesponserte Ausstellung, die vorgibt, sechs palästinensische Städte zu zeigen. Dabei handelt es sich auch um Be’er Scheva und Jaffa, die auf israelischem Staatsgebiet liegen. «Das ist eine Leugnung der territorialen Integrität Israels und unseres Existenzrechts», kritisiert die Botschafterin. Auch werde Jerusalem als palästinensische Stadt bezeichnet. Dies untergrabe «die historische Verbindung zum jüdischen Volk». Der Status der Stadt ist völkerrechtlich umstritten.

Die fragwürdige Ausstellung ist nicht der einzige Grund, weswegen Meirav Eilon Shahar sich sorgenvoll an die Uno-Generaldirektorin wendet. Kürzlich kursierte im Uno-Menschenrechtssaal eine antisemitische Broschüre mit dem Titel «Die Geschichte von Feuer und Blut». Die Broschüre «verherrlicht den Terrorismus und porträtiert Juden mit grossen Nasen und propagiert antisemitische Verschwörungen», kritisiert die israelische Botschafterin. Ihr Land fordere eine Untersuchung.

«Wir sind uns dieser Angelegenheit bewusst.»

Im Rahmen einer weiteren Ausstellung war im Genfer Uno-Gebäude ein Poster zu sehen, das Ido Avigal und Nadine Awad zeigte: zwei israelische Kinder, die 2021 Opfer des Hamas-Terrors wurden. Der Vorwurf Israels: Die Palästinenser schmückten sich mit israelischen Opfern.

Das Büro der Uno-Generaldirektorin bestätigt gegenüber Blick den Eingang der israelischen Beschwerde: «Wir sind uns dieser Angelegenheit bewusst. Unsere Generaldirektorin hat sich mit der Ständigen Vertretung Israels in Verbindung gesetzt.» Der Katar-Botschafter in Genf liess eine Anfrage unbeantwortet.

Der Antisemitismus im Genfer Gewand steht symptomatisch für das doppelte Spiel, das der Wüstenstaat Katar seit Jahren spielt und dabei auch munter Öl ins Feuer giesst. Katar hat es in den letzten Jahren geschafft, sich durch geschicktes Taktieren auf dem diplomatischem Parkett unentbehrlich zu machen. Während die Schweiz viel von ihren Guten Diensten redet, schafft Katar mit Taten Fakten.

Katar geht es vor allem um Macht und Einfluss

Egal, ob Verhandlungen mit der Hamas oder mit den Taliban: An Doha kommt derzeit niemand vorbei. Der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani (43), unterhält in alle Richtungen beste Beziehungen. Die Machthaber der Taliban hofiert er ebenso wie die Terroristen der Hamas. Das sichert ihm Macht und Einfluss.

Laut dem Islamwissenschaftler Reinhard Schulze (70) von der Uni Bern fusst das Kapital Katars auf drei Säulen: Sport, Energiehandel sowie Patronage.

 Sport: Die Fussball-WM in Katar brachte 2022 den Wüstenstaat über den Fernseher in die Wohnzimmer rund um den Globus. Doch schon vor Gianni Infantinos (53) Katar-Deal profilierte sich Katar mit dem Sport, meint Islam-Experte Schulze: «Diese Tradition reicht bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreicht.»

 Energiehandel: Seit 1939 handelt Katar mit Öl, seit 1984 mit Gas. Dies brachte dem Wüstenstaat Milliarden, wovon Katar etwa das internationale Drehkreuz der staatseigenen Qatar Airways aufbaute.

 Patronage: Mit dem TV-Sender Al Jazeera schuf Katar eine arabische Alternative zum amerikanischen CNN. Der TV-Sender ist ein Soft-Power-Instrument, mit dem Katar sich zur arabischen Stimme aufschwingt. Seit 2017 sieht sich das Emirat immer mehr in der Rolle eines Schiedsrichters in der arabischen Welt, analysiert Schulze: «Das Emirat profitierte davon, dass Taliban, Hamas oder andere im Emirat einen ehrlichen Makler sahen.» Funktionäre der Taliban und der Hamas können in Katar ein- und ausgehen.

Zugleich flirtet Katar mit dem Westen. Der Wüstenstaat inszeniert sich als treuer Verbündeter, der etwa der US-Luftwaffe einen wichtigen Stützpunkt zur Verfügung stellt. Und auch mit Israel pflegt Katar unter dem Radar gute Verbindungen.

Die Unterstützung der Hamas erfolgte sogar mit Jerusalems Segen: Israels Premier Benjamin Netanyahu (74) erlaubte 2018 Katar, 15 Millionen US-Dollar in Koffern durch Tunnel in den Gazastreifen zu bringen, um die Gehälter von rund 20 000 Hamas-Angestellten zu zahlen. Damit wollte Israel die humanitäre Krise im Gazastreifen mildern. Doch seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober beäugt die internationale Staatengemeinschaft Katars Kooperation mit der Hamas argwöhnisch.

Trotz der Verstimmung aufgrund der antiisraelischen Ausstellung in Genf: Israel bleibt auf Katar angewiesen. Die Freilassung der bisherigen Geiseln kam auf Vermittlung Katars zustande. Nach wie vor sind über 130 Geiseln in den Händen der Hamas. Um sie freizubekommen, braucht Netanyahu Doha.

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