Die zweite Welle ist da, unerbittlich rollt sie über die Schweiz. Innert weniger Wochen sind die Corona-Zahlen nahezu explodiert. Waren es am 1. September noch 216 Fälle, die an dem Tag neu dazukamen, waren es gestern 8616. Dieser rasante Anstieg zeigt sich auch in den Spitälern. Immer mehr Corona-Patienten werden eingeliefert und müssen hospitalisiert werden.
Die Situation ist angespannt. Noch gibt es freie Betten – aber nicht mehr lange. Ein Schreckens-Szenario droht. Das Gesundheitssystem droht zu kollabieren. «Ohne weitere Massnahmen reicht es bei den Akutbetten für 15 Tage, bei den Intensivstationen für 10», warnte Andreas Stettbacher (58), vom Koordinierten Sanitätsdienst des Bundes (KSD), noch am Dienstag.
Solothurn, Neuenburg, Schaffhausen schon am Anschlag
Laut einer KSD-Übersicht gibt es aktuell total 1078 Intensivbetten in der Schweiz. Zurzeit sind 681 Betten belegt. Davon 200 Patienten wegen Corona. Besonders prekär sieht es in den Kantonen Solothurn (15 Intensivpflege-Betten/4 Corona-Patienten), Schaffhausen (8 Intensivpflege-Betten/2 Corona-Patienten) und Neuenburg (14 Intensivpflege-Betten/9 Corona-Patienten) aus. Hier sind die Spitäler bereits am Anschlag. Sie haben jeweils nur noch ein freies Intensivbett.
Entspannter sieht es dagegen im Kanton Zürich aus. Hier gibt es aktuell noch 128 verfügbare Betten. Dort liegen gerade mal 20 Corona-Patienten auf der Intensivstation.
Doch das könnte sich mit den steigenden Corona-Infizierten schon bald ändern. Daher rüsten die Spitäler auf. «Aus der ersten Welle sowie in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Intensivmediziner können wir sagen, dass ein Ausbau der Intensivbetten aktuell bis maximal 1400 Betten möglich ist», sagt Stettbacher zu BLICK.
«Letzte Möglichkeit, um einen Lockdown zu verhindern»
Damit es erst gar nicht mehr zu so vielen Hospitalisierungen kommt, hat der Bundesrat die Corona-Massnahmen erneut massivst verschärft, spricht offen von der «letzten Chance». Das sieht auch Andreas Cerny (64) so, Virologe am Corona-Referenzspital Moncucco in Lugano TI. Er ist froh über die Verschärfungen. Denn die Lage sei ernst.
«Die neusten Fallzahlen zeigen, dass immer mehr Infizierte hospitalisiert werden müssen. Von der ersten Welle her wissen wir, dass einer von fünf Patienten, die ins Spital müssen, auf die Intensivstation muss. Und einer von vier Patienten, die dort liegen, wird sterben», sagt Cerny zu BLICK. Ob die Massnahmen greifen, wird sich erst in zirka zwei Wochen zeigen. Bis dahin rüsten sich die Spitäler für das Schlimmste.