Christian Schneller (42) hat Tränen in den Augen, als er Blick auf seinem Bauernhof seine Geschichte erzählt. Der selbständige Landwirt hatte eigentlich Pläne, seinen Hof auf eigene Faust zu renovieren. Daraus wird vorerst nichts. Denn Schneller ist seit einer Prügelattacke arbeitsunfähig.
Der Bauer war am 25. Februar in seinem Heimatdorf Felsberg bei Chur GR an einer Fasnachtsparty. Der dreifache Familienvater wollte um ca. 23 Uhr mit einer Kollegin nach draussen, um eine Zigarette zu rauchen. Vor den beiden Partygängern stand ein Mann. Die Kollegin sagte zu Schneller etwas, der Mann fühlte sich dadurch offensichtlich provoziert.
Es ging blitzschnell
Daraufhin eskalierte die Situation innert Sekunden. Der Mann sei aggressiv geworden, Schneller stellte sich schützend vor seine Kollegin. «Auf einmal habe ich einen Schlag auf den Hinterkopf gespürt und ging zu Boden.» Schnellers Frau, die ebenfalls vor Ort war, gab später zu Protokoll, dass ungefähr sechs junge Männer im Alter von 18 bis 20 Jahren hinzugekommen seien und auf ihren Ehemann eingeprügelt und -getreten hätten. Schneller selbst bekam davon nicht mehr viel mit, er war bereits bewusstlos.
Der Angriff hatte Folgen: «Ich blutete sehr stark am Hinterkopf», sagt Schneller, sichtlich wütend. Weiter habe er zwei abgesplitterte Zähne davongetragen und seit dem Vorfall ständig Kopfschmerzen. Doch das eigentliche Problem kam erst am nächsten Tag ans Licht: «Einer der Knochen, der eigentlich zum Daumen gehört, war gebrochen und bis zum Handgelenk heruntergerutscht.» Schneller musste ins Spital. Er bekam einen Gips, den er noch immer trägt: «Der kommt erst in fünf Wochen weg.» Wie lange es dauert, bis der Bauer wieder voll arbeiten kann, wissen auch die Ärzte nicht.
«Dann seid ihr tot»
Nicht nur dem Spital stattete Schneller einen Besuch ab, auch auf dem Polizeiposten ging er vorbei, um eine Anzeige zu machen. «Einer der Typen war sogar schon polizeibekannt.» Die Kantonspolizei Graubünden schreibt auf Anfrage: «Wir können einen Einsatz in diesem Zusammenhang bestätigen.» Die Beamten ermitteln nun. Auch Schnellers Frau habe eine Anzeige erstattet. Einer der jungen Männer soll nach dem Angriff zu ihr gesagt haben: «Wenn ihr Anzeige macht oder das irgendjemandem erzählt, dann seid ihr tot. Wir wissen, wo ihr wohnt.»
Die Familie führt in Felsberg einen Bauernhof mit 35 Milchkühen. Hinzu kommen rund 80 Stück Jung- und Mastvieh. Weiter sind Pferde, Zwergziegen, Hühner, Schildkröten und auch Pfaue bei Schnellers zu Hause. Auch wenn die Täter dereinst überführt werden sollten: Für Schneller ist eine Welt zusammengebrochen. «Der alte Stall muss abgerissen und neu gebaut werden, damit er die heutigen Anforderungen für den Tier- und Gewässerschutz erfüllt. Ich hätte vieles davon selbst gemacht. Aber so geht das natürlich nicht», sagt der Bauer und zeigt traurig auf seinen Gips. Das Geld sei auch ohne den Vorfall knapp gewesen. Hilfe bekommt der 42-Jährige vom Freund seiner ältesten Tochter. «Aber der hat auch noch einen eigenen Job. Ich denke, auch er ist bald am Anschlag.» Für die Finanzierung hat die Familie ein Crowdfunding-Projekt gestartet und verschiedene Stiftungen angeschrieben.
Schicksalsschläge sind nichts Neues
Die Schnellers sind eine Familie, mit der es das Schicksal in der Vergangenheit nicht sonderlich gut meinte. «Meine Frau lag 2013 einen Monat lang im Koma und ist dabei dreimal fast gestorben. Jedes Mal wurde sie wieder zurückgeholt», erzählt Schneller mit zittriger Stimme.
Seitdem gab die Familie viel Geld für die Genesung der heute 43-Jährigen aus, das riss ein Loch in die finanziellen Verhältnisse der Bündner. Nach dem Winter wäre endlich genug Geld vorhanden gewesen, um den dringend sanierungsbedürftigen Stall wieder auf Vordermann zu bringen. Doch daraus wird jetzt vorerst wieder nichts. «Ich habe eine unglaubliche Wut in mir», sagt der Familienvater.
Für ihn ist klar: Die Krawallmacher müssen zur Rechenschaft gezogen werden. «Notfalls gehe ich auch vor Gericht. Keine Frage.»